FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2024
Lalière. „Aktive Fonds erhalten bei der Emission neuer Anleihen üblicherweise eine Prämie.“ Zuletzt greifen die beiden Belgier ein Argument auf, das bereits in der Corona- krise aufgekommen ist.Demnach kann der Kurs eines ETF von seinem indikativen Nettoinventarwert (NAV) abweichen. Anders als bei herkömmlichen Fonds, bei denen einmal am Tag ein NAV berechnet wird, sind ETFs den ganzen Tag über handelbar und wei- sen im Tagesverlauf einen indi- kativen NAV aus. Bei hochliquiden Märkten wie Aktien, die im US-Baro- meter S&P 500 enthalten sind, seien die Auf- oder Abschläge meist gering. „Bei Wertpapieren wie Hochzinsanleihen kann diese Differenz jedoch erheb- lich sein“,meint Lalière. Bei den drei größten High-Yield-ETFs in Europa beziffere sich die Ab- weichung zwischen ETF-Kurs und indikativemNAV über die vergangenen fünf Jahre auf 0,42 Basispunkte. Diese Diffe- renz sei bei der Gesamtbetrachtung der Kosten eines ETF zu beachten, argumentie- ren die DPAM-Portfoliomanager. Große Auswahl Die Ausführungen der Fondslenker sto- ßen im ETF-Lager jedoch auf Widerspruch. So wollen Anbieter das Argument, dass ETFs häufig nur Indizes abbilden, die sich auf liquide Anleihen begrenzen, nicht gel- ten lassen. Es seien sowohl marktbreite Ba- rometer im Sortiment wie auch solche, die bestimmte Hürden bei der Liquidität oder dem ausstehenden Volumen der Anleihen setzen. Lalière und Leemans stimmen dem auf Nachfrage zu und verweisen darauf, dass sie für ihre Untersuchung nur die relevantesten ETFs herangezogen hätten. Dass Anleihen-ETFs nicht alle Papiere eines Index im Portfolio halten, hat den An- bietern zufolge einen Grund. „Bei Anlei- henindizes ist das zugrunde liegende Uni- versum häufig sehr, sehr groß“, erläutert Lu- kas Ahnert, Produktspezialist bei Xtrackers, der ETF-Marke der DWS. „Bei einem In- dex, der Tausende Anleihen umfasst, kann das Portfoliomanagement bei einem passi- ven ETF nur in den wenigsten Fällen alle Titel erwerben.“Stattdessen werden Papiere ausgewählt – eine Praxis, die als Sampling bekannt ist. „Natürlich bemühen sich die Portfoliomanager, dass der ETF mit Blick auf Merkmale wie Laufzeit, Kreditrisiko oder Branchenverteilung den Index mög- lichst genau widerspiegelt“, betont Ahnert. „Es ist nicht das Ziel, alle Anleihen mit der Brechstange ins Portfolio zu heben.“ Bei Bonds sei das Sampling gut machbar, ergänzt Paul Jung, Produktstratege bei der Blackrock-Einheit iShares. „Im Anleihen- bereich kommt man bei der Abbildung eines Index mit weniger Titeln aus, als dies im Aktienbereich der Fall ist“, er- klärt Jung. Denn große Emit- tenten können mehrere An- leihen mit ähnlichen Laufzei- ten ausgegeben haben. „Man braucht nicht jeden Einzelnen dieser Bonds im Portfolio zu haben, um die Charakteristik eines Index richtig abbilden zu können.“ Auch das Argument, dass ETFs nicht bei Bondausgaben teilnehmen und die Emissions- prämie einstreichen könnten, weisen die Anbieter zurück. Bernard Lalière, DPAM: „Meistens schneiden diese liquiden Indizes schlechter ab als die von aktiven Fonds verwendeten.“ Marc Leemans, DPAM: „Diese Optimierung führt unweigerlich zu einer Abweichung vom Index und damit zu einer Underperformance.“ Starkes Wachstum Markt für ETFs und ETPs in Europa Der Siegeszug der börsengehandelten Fonds setzt sich fort. Das verwaltete Vermögen knackt einen Rekord nach dem anderen. *perEndeSeptember2024 |Quelle:ETFGI 0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 2024* 2020 2015 2010 Mrd. USD 0 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 Zahl Verwaltetes Vermögen in Mrd. US-Dollar fondsprofessionell.at 4/2024 225 FOTO: © DPAM (2)
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