FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2024
Zudem bemängeln die Aufseher die Buchhaltung. „Die Mängel in der Buchfüh- rung von H2O, insbesondere in der Auf- zeichnung der Handelsdaten, sind so er- heblich, dass die Behörde nicht in der Lage war, das genaue Engagement der H2O- Fonds in die Windhorst-Wertpapiere wäh- rend des relevanten Zeitraums mit Sicher- heit zu bestimmen“, urteilt die FCA. Erst im Zuge der Trennung von liquiden und illiquiden Wertpapieren von August bis Oktober 2020 wurde ein Volumen der Windhorst-Investments von rund 1,6 Mil- liarden Euro öffentlich. H2O hatte an die- sem Punkt jedoch schon einen erheblichen Teil des Werts abgeschrieben. Berufsverbot erteilt „Die Aufgabe der Gesellschaft H2O war es, ihre Fonds ordnungsgemäß zu verwal- ten und die Anleger zu schützen. Das hat sie nicht getan“, kommentierte FCA-Direk- tor Steve Smart die Ergebnisse der Unter- suchung. „Und um die Sache noch schlim- mer zu machen, lieferte sie wiederholt irre- führende Informationen an die FCA.“ H2O gibt an, aus demDrama gelernt zu haben. In den vergangenen Jahren habe das Haus seine Organisation erheblich ver- bessert, die Risikomanagement- und Com- pliance-Teams ausgebaut sowie Governance und interne Verfahren gestärkt. „Diese Ver- änderungen stellen sicher, dass die Lehren aus dieser Zeit in unserer Unternehmens- kultur verankert sind“, betonte der aktuelle H2O-Chef Loïc Guilloux. Er hat Firmengründer Crastes im Januar 2023 an der Spitze der Boutique abgelöst. Denn die französische Finanzaufsicht AMF hat Crastes mit einem Berufsverbot für fünf Jahre und ihn sowie das Haus mit hohen Geldbußen belegt. H2O geht ge- richtlich gegen die Strafen vor. Die britische FCA wiederum erlegte als Konsequenz aus der Untersuchung dem Haus H2O eine Ausschüttung in Höhe von 250 Millionen Euro an die Anleger der eingefrorenen Fonds auf. Die Gesell- schaft verzichtet zudem auf Gebührenein- nahmen und gibt ihre britische Lizenz ab. Klage eingereicht Eigentlich wäre eine „erhebliche“ Geld- strafe fällig gewesen, so die FCA. Doch die Behörde habe sich darauf eingelassen, dass stattdessen Geld an die Anteilseigner der Fonds fließen soll. Den Betrag bringt H2O selbst auf. Das Haus legte den Anlegern Ende Oktober eine entsprechende Rück- kaufofferte vor. Daneben hat die Anlegervereinigung „Collectif Porteurs H2O“ im Dezember 2023 ein Schadenersatzverfahren gegen H2O gestartet. Mit dem Rückkaufangebot zielt H2O auch darauf ab, solche Klagen loszuwerden. Denn nehmen Anleger die Rückkaufofferte an, verzichten sie auf juris- tische Schritte. ImGegenzug sollen sie eine höhere und frühere Ausschüttung erhalten als Anteilseigner, die das Angebot ableh- nen. Diesen soll erst 2031 Geld zufließen – und mit mehr als 30 Prozent Abschlag. Ab- geschlossen ist das Drama also noch nicht. SEBASTIAN ERTINGER FP » Es ist mehr als nur eine enge Freundschaft zwischen uns, es fühlt sich wie eine erweiterte Familie an! « Lars Windhorst, Finanzier März 2022: Nach dem russi- schen Einmarsch in die Ukraine und dem Kursverfall an den Börsen erlei- den einige H2O-Fonds hohe Verluste. Zudem einigen sich H2O und Natixis auf die Trennung. H2O-Mitarbeiter sollen die Anteile übernehmen. August 2022: Windhorst kündigt an, „in den nächsten Wochen nicht weniger als 550 Millionen Euro“ an die H2O-Fonds zurückzuzahlen. November 2022: Die AMF fordert ein Berufsverbot für zehn Jahre gegen Crastes sowie eine Strafe von 15 Mil- lionen Euro. Das Haus H2O soll 75 Mil- lionen Euro zahlen, Mitgründer Vincent Chailley drei Millionen Euro. Januar 2023: Ein Gremium der AMF verhängt die Strafen weitgehend im geforderten Ausmaß. Lediglich beim Berufsverbot gegen Crastes bleibt das Gremium mit fünf Jahren unter der Forderung. Die Boutique H2O kündigt an, gegen die „unfaire“ Buße Beru- fung einzulegen. Windhorsts Tennor Holding habe zudem noch im Dezem- ber 2022 eine Teilrückzahlung über- wiesen. Davon flossen 229 Millionen Euro an die Anleger. Mai 2024: Ein Gericht verhängt einen Haftbefehl gegen Windhorst. Die Richter werfen ihm vor, nicht zu einem Gerichtstermin erschienen zu sein sowie nicht ausreichend beim Insolvenzverfahren um das Ihme- Zentrum in Hannover mitgewirkt zu haben. Kurz darauf hebt das Gericht den Haftbefehl wieder auf. August 2024: Die britische FCA erlegt H2O auf, 250 Millionen Euro an die Anleger der „Seitentaschen“ aus- zuschütten. Die Boutique verzichtet zudem auf Gebühren und gibt die bri- tische Lizenz bis Jahresende zurück. Das H2O-Windhorst-Drama im Zeitverlauf | Teil 3 VERTRIEB & PRAXIS H2O 202 fondsprofessionell.at 4/2024 FOTO: © HOLLIE ADAMS | BLOOMBERG
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