FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2024
jede Minute in die Betreuung der wachsen- den Kundenzahl. Was ihn noch stört: Die verfügbaren KI-Lösungen stammen meist von US-Anbietern. Eine Beschwerde, die öfter anklingt: Dass auf diese Weise Geld nach Übersee abfließt, ergibt für viele der lokal verankerten Versicherungsmakler kein stimmiges Bild. Hohe Abhängigkeit Ähnlich äußert sich Thomas Nußbau- mer, Chef des Vorarlberger Branchenriesen Comit. „Leider ist man als Makler sehr vom CRM-Anbieter abhängig“, bestätigt er. Comit investiert jährlich viel Geld, um eigene moderne KI-Bausteine programmie- ren zu lassen. Das ist nicht nur teuer für ein Einzelunternehmen, sondern oft auch technisch nicht optimal: Solange die Lö- sungen nicht im CRM sind, holpert die Tauglichkeit. „Bei uns muss alles dokumen- tiert und zentral verfügbar sein. Ich muss nachvollziehen können, warum ich etwas gemacht habe“, so Nußbaumer. Bei der CRM-Beschwerde, die man von den Maklern laufend hört, geht es um mangelnde Alternativen: Zwei Anbieter tei- len sich den Markt auf – der von einigen Versicherern finanzierte CCA und das un- abhängige Maklernet/Vera. Wie es schon im Lehrbuch steht, senkt ein zu geringer Wettbewerb den Innovationswillen. Einige Vera-Teilnehmer haben einst sogar an einer KI-Finanzierungsinitiative gearbeitet, bei der sie zusammen mit Maklernet und Ver- sicherungen Geld für einen größeren Wurf aufstellen wollten. Am Ende waren die an- gefragten Assekuranzen nicht dazu bereit, und die Makler trauten sich nicht drüber. Comit-Chef Nußbaumer findet solche Ansätze aber unerlässlich. Er könnte sich sogar eine Open-Source-Plattform vorstel- len, auf der die Branche gemeinsam Tools entwickelt. „Wenn jeder sein Süppchen kocht, werden wir nicht zukunftsfähig sein. Wir sollten da Burggräben als Konkurren- ten schließen. Ein Konzern wie Amazon hätte in unserem Umfeld mit einfachen Schritten große Chancen“, warnt er vor einer Abwanderung von Marktanteilen. Use Cases für Vermittler gibt es genug. Die KI ist so fortgeschritten, dass sie aus Kundendaten die Kündigungswahrschein- lichkeit ableiten kann („Churn Prediction“) oder, dass sie Cross-Selling-Potenziale er- kennt (siehe Kasten). Einige wenige Makler dürften außerdem bereits in Eigenregie die genKI trainieren. Er wisse von einem großen Makler, der über eine generative Anwendung innert weniger Wochen den Polizzencheck, also die Kontrolle, ob das Produkt zu den Kun- denanforderungen passt, automatisiert ha- be, sagt Reinhold Baudisch, Gründer des Onlinemaklers Durchblicker und nach dessen Verkauf Marktbeobachter und In- vestor. Namen nennt Baudisch nicht. Die systematische Aufarbeitung von Polizzen sei eine „Killerapplikatikon“, so Baudisch. „Stufe eins“ sei, dass der Makler solche Tools nutzt. „Stufe zwei“, dass er langfristig ersetzt werden kann, ist Baudisch über- zeugt. Klingt drastisch. Allerdings ist eine „Hochleistungs-KI“ genau das, was sich momentan viele Makler wünschen. Denn praktisch jeder,mit demman spricht, klagt über den Fachkräftemangel. Dass die Lernfähigkeit von genKI für rasante Entwicklungsschübe sorgen wird, macht Rene Besenbäck, Chef von Wefox Österreich, deutlich. Er hat die Technologie getestet, um neue Makler zu finden, die zu Wefox passen würden. Das funktionierte zuerst mäßig. Es gab kaumRücklauf. „Dann haben wir die KI auf eine Personalisierung hin so trainiert, dass sie unsere persönlichen Ideale einfließen lässt. Es haben acht von zehn Maklern geantwortet“, so Besenbäck. Überzeugend fand er auch die Canva-KI (siehe Kasten), die den Social-Media-Auftritt optimiert und so die Zahl der Follower gesteigert habe. Momentan werde eine KI zum Tarifvergleich trainiert. 2025 sind ein Dialog mit den Maklern und neue Tools geplant. „Ich persönlich glaube, dass man durch solche Automatisierungen die Effi- zienz in nächster Zeit um 20 bis 30 Prozent heben kann“, so Besenbäck. EDITH HUMENBERGER-LACKNER | JENS BREDENBALS FP Ausgewählte KI-Tools für Makler Im Internet finden sich viele Übersichten zu KI-Tools. Viele davon eignen sich auch für Vermittler. Hier – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – eine kleine Auswahl: Zur Generierung und Bearbei- tung von Bildern und Videos: Invideo, Steve AI, Descript, Runway, Midjourney, Adobe Firefly, Canva, Dall-E, Hourone, Make-A-Video, X-Clip, Pika Labs Speziell für Finanzdienstleister: CompAir, SigFig, Xaver, Muffintech Für Office-Support: Fireflies, Brandbastion Zur Erstellung von Content für Beiträge: HeyGen, Frase, Jasper, Claude, Writer Zur Generierung von Audio-Beiträgen: Murf AI, Acoust, Voxifiy, Elevanlaps Zur Dokumentenanalyse: Humata, Muffintech Für Chats und Kommunikation: Super- human, Voiceflow, Superchat, ChatGPT, Google Gemini, Rytr.AI, Character AI, Muffintech, Slacker, Perplexity AI Fürs Marketing: Sales Cloud Einstein, Adobe Marketo Exchange, HubSpot AI und Acquisio KI-TOOLS für Makler » Wenn jeder sein Süpp- chen kocht, werden wir nicht zukunftsfähig sein. « Thomas Nußbaumer, Comit FONDS & VERSICHERUNG KI-Makler 180 fondsprofessionell.at 4/2024
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