FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2024

erfahren, dass jemand verkaufen möchte. Man versucht dann, einen anderen guten Partner in der Region ins Spiel zu bringen, um das bestehende Geschäft abzusichern. Dass Versicherungen versuchen, solche Bestände in die eigene Vertriebssphäre zu bekommen, spielt keine Rolle? Direkt kaufen können Versicherer einen unabhängigen Makler ja nicht. Es kommt aber natürlich immer wieder vor, dass Mak- lerunternehmen, die im Eigentum von Ver- sicherern stehen, solche Bestände kaufen. Spannend wird, wie sich die Versicherun- gen angesichts der vermehrten Übernah- men verhalten.Wenn deutsche Makler hier zukaufen, dann bringen sie auch interna- tionale Produktangebote mit. Es könnte sich Geschäft weg vom österreichischen Markt ins Ausland verlagern. Natürlich könnten auch umgekehrt österreichische Produkte ins Ausland wandern. Aber allein von der Größenordnung her werden die österreichischen Makler mehr von deut- schen Produkten profitieren als umgekehrt. Wie gut funktionieren die Übernahmen im Normalfall? Wir begleiten die Prozesse oft von der ersten Idee bis zur Umsetzung. Alles hängt davon ab, wie sich die Übergabe gestaltet. Es ist sogar bei Altersnachfolgen oft noch ein Bestandswachstum möglich in den zwei, drei Jahren, in denen ein Gründer noch mitarbeitet und man gemeinsam Ideen entwickelt. Von den begleitenden Nachfolgeprojekten funktioniert die Hälfte gut, die andere nicht. Was immer sehr tragisch ist: Wir haben leider auch ein, zwei Fälle im Jahr, wo wir Bestände nach dem Ableben des Maklers bewerten müssen. Die muss man im Vergleich zu einer akti- ven Übergabe oft sehr stark unterbewertet verkaufen. Gibt es da Tipps, um dem Wertabschlag schon zu Lebzeiten vorzubeugen? Wir haben für die Ausbildungsvereinigung ÖVM einen Nachfolgeplan entwickelt. Es ist wichtig, dass der Nachlassverwalter so- fort einen Fortführungsantrag stellt, damit das Unternehmen aktiv bleibt. Nur dann kann man weiter mit Versicherern reden und den Betrieb an einen anderen Makler veräußern. Gerade für Einzelunternehmen wäre es wichtig, einen Notfallplan zu ver- schriftlichen. Ideal wäre eine Abmachung mit einem befreundeten Makler, gegensei- tig den Bestand weiterzuführen, und was man dafür zahlt. So erhalten die Hinter- bliebenen zumindest einen halbwegs ver- nünftigen Preis. Wir haben aber Verlassen- schaftsthemen, wo nach einem Jahr immer noch keine Entscheidung getroffen ist. Da ist vom Kundenbestand dann so gut wie nichts mehr da. Da braucht man keine Bewertung mehr. Was kannman bei geplanten Übernahmen tun, umden Bestand attraktiv zu gestalten? Natürlich ist ein aktiv gehaltener Bestand immer wertvoller als einer mit abgelaufe- nen Verträgen und altem Produktstand. Ich muss elektronisch gut aufgestellt sein, alle Protokolle verschriftlicht haben, um Haf- tungsfragen zu vermeiden. Die Restlaufzeit kann ich bearbeiten, indem ich Verträge, die jetzt schon drei, vier Jahre laufen, kon- vertiere und eine Vertragsverlängerung draufsetze. Das ist das eine. Ein wesentli- cher Faktor ist die Frage der Provisions- struktur: ob ich hauptsächlich laufende Provisionen oder Abschlussfolgeprovisio- nen habe. Bei der Abschlussfolge habe ich eine teilweise Rückrechnung, wenn der Vertrag storniert wird. Bei laufender Provi- sion kommt es zu keiner Rückrechnung. Vielen Dank für das Gespräch. EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP KURZ-VITA: Wolfgang Willim Willim war bereits als Unternehmensberater tätig, bevor er im Jahr 2011 die auf Versicherungsmakler spezialisierte Unternehmensberatung Sewico gründete. Seine Karriere startete Willim nach eigenen Angaben bei zwei Versiche- rungsunternehmen. » Es könnte sich Ge- schäft weg vom öster- reichischen Markt ins Ausland verlagern. « Wolfgang Willim, Sewico FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | MARLENE.AT FONDS & VERSICHERUNG Wolfgang Willim | Sewico 164 fondsprofessionell.at 4/2024

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