FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2024
serl angespitzt haben, verhalten sich nicht alle immer so.Wir glauben aber, dass genau das notwendig ist, damit man auch in zehn Jahren noch als verlässlicher Player imMarkt respektiert und ernst genommen wird. Was sagen denn Ihre früheren Arbeitgeber zu Ihrer Neupositionierung? Scheibenecker: Ich habe das Gefühl, dass wir als Konkurrent wahrgenommen werden, was für uns ein großes Kompliment ist. Miller-Aichholz: Es gibt keine „bad feelings“. Wir sind in dem Bewusstsein, dass wir von- einander profitiert haben, auseinanderge- gangen. Es ist einfach Zeit, unterschiedliche Wege zu gehen.Wir werden aber nicht als böse Konkurrenz gesehen. Dafür ist der Markt auch viel zu stark diversifiziert. Was machen Sie besser als die anderen Berater? Scheibenecker: Wir können unsere Dienst- leistungen ohne ein riesiges Backoffice an- bieten. Wenn wir über eine Strategieände- rung nachdenken, haben wir es mit der ganzen Belegschaft besprochen, wenn wir drei miteinander gesprochen haben. Das wird uns, glaube ich, in den zu erwarten- den ereignisreichen nächsten Jahren helfen. Die Entwicklungen in den vergangenen zwei Jahren decken auf, dass sich viele an Immobilieninvestments gehegte Erwartun- gen nicht erfüllen. Damit haben viele Bera- ter und Vermittler das in sie gesteckte Ver- trauen verspielt. Beunruhigt Sie das nicht? Scheibenecker: Mit unrealistischen Verspre- chungen würden wir uns unglaubwürdig machen.Wir haben aber ein gutes Gespür dafür, was der Investor erwartet und wie er rechnet. Abgesehen davon hat es alle Marktteilnehmer gleichermaßen hart getroffen, dass sich manche Erwartungen, die man vor fünf Jahren noch hatte – zum Beispiel die ewigen Nullzinsen und die ständig steigenden Immobilienpreise – nicht bewahrheitet haben. Worin bestehen aktuell die größten Heraus- forderungen im Immobilienmarkt? Scheibenecker: Es sind viele Themen von der Konjunktur, den Baukosten, der Zinsent- wicklung bis zur Finanzierbarkeit von Immobilien, die in Summe die Sonne schon einmal heller scheinen ließen. Momentan sind viele verunsichert, wobei sich ein Thema nach dem anderen wieder positiver zu entwickeln beginnt. Es wird aber noch dauern, bis der Markt wieder so wie vor dem Jahr 2020 funktioniert. Miller-Aichholz: Wir haben ein multiples Organversagen erlebt, das von der Pande- mie, der Inflation, der Ukrainekrise und da- mit verbundenen Lieferengpässen ausging. Die Inflation haben wir imGriff, allerdings haben wir jetzt das Problemmit der Rezes- sion. Der Markt ist derzeit also schwierig. Umso besser ist es, dass wir uns als kleines Unternehmen flexibel dorthin orientieren können, wo wir nach wie vor Investitions- potenzial sehen. Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass das Wohl und Wehe des Immobilienmark- tes – jedenfalls in der veröffentlichten Mei- nung – ausschließlich vom Zinsniveau ab- hängig ist? Das war früher nicht so. Scheibenecker: Weil das am leichtesten greif- bar ist. Was die Zinssätze angeht, gab es eine lange Party, und jeder weiß: Je länger die Party dauert, desto größer ist der Kater. Vor der langen Niedrig- und Nullzinsphase wurden Immobilien wie selbstverständlich zu vier bis fünf Prozent finanziert. Heut- zutage wird alles von niedrigen Zinsen abhängig gemacht, was ökonomisch be- trachtet nicht unbedingt nachhaltig ist. Miller-Aichholz: Das ist tatsächlich verwun- derlich. Allerdings hatten wir früher, als die » Wir haben ein multiples Organver- sagen erlebt, das von der Pandemie, der Inflation, der Ukrainekrise und damit verbundenen Lieferengpässen ausging. « Mathias Miller-Aichholz, Pico m - m - m - m - FOTO: © MATHIAS KATZMAIR fondsprofessionell.at 4/2024 143
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