FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2024

ten durchlässigen Möglichkeiten globaler Kooperation ist inzwischen einer viel stär- ker vertikal operierenden Welt gewichen. China genauso wie die USA und Europa arbeiten inzwischen daran, in ihrer jeweili- gen Produktions- und Geschäftspraxis au- tonomer zu werden und Klumpenrisiken zu vermeiden. Und die Wirtschaftspolitik wird stärker von nationalen Interessen geprägt. Das ist es, was mittlerweile den Unterschied macht zu einer Zeit, wie wir sie vor zehn oder 20 Jahren erlebt haben. Woran machen Sie das fest? Heutzutage geht es sehr viel stärker um Abschottung als um Kooperation. Das ist insbesondere im Technologiesektor zu beobachten und war vor zehn Jahren noch keineswegs der Fall. Damals war die Welt noch von einem ausgeprägten Know-how- Transfer zwischen den genannten drei Blöcken geprägt. Den gibt es nicht mehr, im Gegenteil: In den USA und auch in Europa ist Technologietransfer aus und nach China, wie wir ihn kannten, nicht mehr erwünscht. Haben Sie ein Beispiel für uns? In Bereichen wie der künstlichen Intelli- genz oder der Mobilfunkinfrastruktur, aber auch bei Solarzellen und der Produktion von Batterien für Elektrofahrzeuge standen chinesische Unternehmen auf den US- Märkten durchaus noch in einem ernst zu nehmenden Wettbewerb mit den dort hei- mischen Gesellschaften. Das ist inzwischen so gut wie nicht mehr der Fall. Ein Beispiel ist auch die Ansiedlung von zwei Fabriken des taiwanesischen Chipherstellers TSMC in Arizona mit dem Ziel, die Halbleiter- technologie in den USA selbst zu haben und nicht in einer Region, die von Risiken durch eine von China ausgehende latente Bedrohung geprägt ist. Und auch in Euro- pa will man sich von der Abhängigkeit von China lösen, indemman die Fertigung bestimmter Produkte auf dem eigenen Kontinent anzusiedeln versucht. Wobei solcherlei Abschottung doch auch in die andere Richtung funktioniert. Vollkommen richtig, wenn man an das ehemals boomende, inzwischen aber rück- läufige Exportgeschäft Europas und insbe- sondere Deutschlands nach China denkt. Gerade Deutschland war lange Zeit über- aus erfolgreich, was seine Ausfuhren nach China und andere asiatische Staaten be- trifft. Auch das gibt es in dieser Ausprä- gung nicht mehr. Und diese Impulse feh- len in einer Zeit, in der es eigentlich nötig wäre, die eigene Wirtschaft an dieses ver- änderte Regime anzupassen. Zumal auch die heimische Nachfrage in Europa aus be- stimmten Gründen mehr als zu wünschen übrig lässt, auch in großen Volkswirtschaf- ten wie Deutschland und Frankreich. Worauf spielen Sie an? Eine extrem proaktive Fiskalpolitik als Fol- ge der Covid-Pandemie, gefolgt von einem Preisschock bei der Energieversorgung hat dafür gesorgt, dass große Länder wie Italien und Spanien oder auch Deutschland und Frankreich kaum noch Kapazitäten haben, um eine stimulierende Fiskalpolitik auf- rechtzuerhalten oder zu betreiben. Dabei bräuchte es mehr Investitionen des Staates, um die eigene Volkswirtschaft umzubauen. » China arbeitet genauso wie die USA und Europa daran, in der jeweiligen Produktions- und Geschäftspraxis autonomer zu werden und Klumpenrisiken zu vermeiden. « Philippe Waechter, Ostrum AM FOTO: © FRANÇOIS DABURON fondsprofessionell.at 3/2024 95

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