FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2024
Ed Yardeni berät an der Wall Street einflussreiche Firmenchefs und Finanzmanager. Im Interview mit FONDS professionell erklärt er, warum sich der US-Börsenboom wohl fortsetzen wird – egal wie die Wahl in den Vereinigten Staaten ausgehen wird. E d Yardeni hat schon viele Börsen- zyklen und Crashs erlebt. Während der Dotcom-Krise war der promovierte Ökonom US-Chefstratege der Deutschen Bank. Später gründete er seine Beratungs- firma Yardeni Research. Zu seinen Kunden zählen Firmenchefs, Vermögensverwalter und auch politische Entscheider. Seit vielen Jahren blickt Yardeni optimistisch auf die USA, und auch an die nun wieder befürch- tete US-Rezession glaubte er nie. Ohnehin, sagt Yardeni, verlieren die Pessimisten an der Börse langfristig gesehen immer. Und zu den Pessimisten zählt er wirklich nicht. Herr Yardeni, Sie haben Ihre Prognose für den wichtigsten US-Aktienmarktindex S&P 500 zuletzt weiter nach oben geschraubt und erwarten jetzt 5.800 Punkte bis Ende dieses Jahres … Ed Yardeni: Unser Optimismus endet nicht mit diesem Jahr. Wir haben auch unsere Schätzung für 2025 auf 6.500 angehoben. Bis Ende des Jahrzehnts dürfte der S&P 500 die Marke von 8.000 Punkten errei- chen. Zuletzt geriet der Aufschwung ja ins Stot- tern. Warum bleiben Sie trotzdem opti- mistisch? Die langfristigen Ertragsaussichten der Firmen sind sehr gut. Der dynamische Ge- winnanstieg dürfte sich auch in den kom- menden Jahren fortsetzen. Ich bin schon seit einigen Jahren optimistisch. Das liegt auch daran, dass ich nie an die Rezession geglaubt habe, die die Märkte immer wie- der eingepreist haben. Auch heute warnen wieder viele Skeptiker, dass der Abschwung doch noch kommt. Sie argumentieren meist mit der Zeitverzögerung zwischen den vergangenen Zinsanhebungen und deren wirtschaftlicher Bremswirkung. Daran glauben Sie nicht? In der Vergangenheit lassen sich zwei wich- tige Auslöser für Konjunkturkrisen unter- scheiden. In den meisten Fällen haben Zinserhöhungen zu einer Kreditkrise und dann in die Rezession geführt. Aber die Kreditkrise ist bislang ausgeblieben, selbst die Turbulenzen im US-Bankensektor Anfang vergangenen Jahres wurden rasch überwunden. Der zweite Auslöser waren oft Ölpreisschocks, aber trotz der Eskala- tion im Nahen Osten bleiben die Rohöl- preise bisher stabil. Insgesamt sehen wir ein sehr dynamisches Produktivitätswachstum, das sich fortsetzen dürfte. Dieses Produk- tivitätsplus ist zum Teil eine Reaktion der Unternehmen auf das knappe Arbeitsan- gebot, sie müssen effizienter sein und stei- gern ihre Gewinnmargen und letztlich ihre Gewinne. Nvidia liegt beim Umsatz nicht unter den Top-50-Firmen weltweit, ist aber an der Börse eine der wertvollsten Firmen. Wird Nvidia jemals die Gewinne erzielen können, um diese Bewertung zu rechtfertigen? Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der Magnificent Seven ist ohne Frage hoch, aber das sind eben auch Wachstumswerte, und Wachstumswerte haben höhere Be- wertungen als Substanzwerte. Die Investo- ren zahlen mehr, weil sie daran glauben, dass diese Firmen in ihre Bewertungsmul- „Wer immer skeptisch ist, verliert am Ende“ » Wir beobachten Rücksetzer, aber keinen Bärenmarkt. « Ed Yardeni, Yardeni Research MARKT & STRATEGIE Ed Yardeni | Yardeni Research 84 fondsprofessionell.at 3/2024
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