FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2024

Der Optionskünstler Kay-Peter Tönnes hat sich beruflich Optionsstrategien verschrieben. Was ihn daran fasziniert, berichtet der Gründer und Inhaber der Fondsboutique Antecedo bei einem Spaziergang in Bad Homburg. E nde August zeigt sich der Sommer noch einmal von seiner besten Seite. Um kurz nach zwölf Uhr steht die Sonne hoch am blauen Himmel über der Loui- senstraße in der beschaulichen Bad Hom- burger Innenstadt. Aber wo ist bloß die Hausnummer 21? Es gilt sie zu finden, denn hier ist sie beheimatet, die Fonds- boutique Antecedo Asset Management. Hier soll der Spaziergang heute starten. Kathrin Tönnes biegt um die Ecke. „Ja, unser Eingang liegt ein wenig versteckt“, lacht die Ehefrau des Antecedo-Gründers. Es geht hoch in die dritte Etage. Braun- gebrannt und ein schalkhaftes Lächeln – so steht er an der Tür. „Guten Tag, Kay-Peter Tönnes, herzlich willkommen“, sagt er. Und schon bei den ersten Worten wird klar: Tönnes ist ein echter „Kölscher Jung“. Sollen wir starten? „Später, ich will Ihnen jetzt erst mal zeigen, was ich so mache“, erklärt Tönnes. Schon eilt er voraus durch die lichtdurchflutete Büroetage. In einem Raum, in dem ein Fondsmanager gerade Optionen handelt, nimmt der Antecedo- Chef vor einem PC und einem Bloom- berg-Terminal Platz. „Dann schauen wir mal, was der Independent Invest gerade so macht“, sagt er. Kay-Peter Tönnes hat sich beruflich Optionsstrategien verschrieben. Schon wäh- rend seiner ersten Tätigkeit bei den Basler Versicherungen in Bad Homburg beginnt er, für seine Aktieninvestments Absiche- rungsstrategienmit Derivaten zu entwickeln. Nach Stationen in Frankfurt beim Bank- haus Metzler und bei Lupus Alpha ent- scheidet er 2006, sich gemeinsam mit sei- ner Frau und seinem alten Schulfreund Dirk Bongers selbstständig zu machen und eigene Fonds aufzulegen. Der erste, der Absolute-Return-Fonds Antecedo Independent Invest, geht 2009 an den Start. Acht Jahre später hat Tönnes mit diesem Sondervermögen richtig Pech. Sei- ne anderen vier Fonds bringen ihren An- legern hingegen Glück. Der größte von ihnen, der gut 570 Millionen Euro schwere Aktienfonds Antecedo Defensive Growth, feiert 2024 sein fünfjähriges Jubiläum. Eine Rendite von 16,15 Prozent pro Jahr hat er seinen Investoren seit der Auflage beschert. Der erste Fonds des Tages „Der Independent Invest ist jeden Mor- gen der erste Fonds, den ich mir anschaue“, berichtet Tönnes. Bei insgesamt vier Mil- liarden Euro Assets under Management habe der Absolute-Return-Fonds mit einem Volumen von rund 45 Millionen Euro für ihn wirtschaftlich zwar keine große Bedeu- tung. „Aber mit dem Independent Invest habe ich den einzigen Blattschuss meines Lebens hingelegt, das belastet mich bis heute“, sagt der Portfoliomanager aufrichtig. Den Anlegern gegenüber hat er die Ver- antwortung übernommen und viele von ihnen persönlich besucht. „Ich habe ver- sprochen, den Fonds wieder auf die Schie- ne zu bringen“, erzählt er. „Ursprünglich war der Independent In- vest wie ein Short-Vola-Fonds konzipiert“, sagt Tönnes. Als ab 2013 die Optionsvolati- litäten immer weiter sanken, verlor der Fonds zunehmend an Ertragskraft. Um die Verluste auszugleichen, setzte der Portfolio- manager auf Optionen auf US-Volatilitäts- indizes. „Das hat die Performance vollstän- dig vernichtet“, sagt er. Jeder andere, davon ist er überzeugt, hätte den Fonds geschlos- sen.Doch das ist Tönnes zu billig.Wochen- lang zieht er sich zurück, denkt nach, stellt die Strategie im April 2018 schließlich um. „Die ist gar nicht kompliziert“, schmun- zelt Tönnes verschmitzt, während er über seine Monitore Charts, Preise, Tabellen schwirren lässt. Unkompliziert ist allein das Basisinvestment. „Das sind zu 75 Prozent Bundesanleihen – aber hier, schauen Sie mal“, sagt Tönnes.Wohin jetzt? „Hier sehen Sie eine Monatsoption auf den Euro Stoxx 50, die läuft noch zwei Wochen und kostet 70 Euro“, erklärt er. „Da, das ist die Zwölf- monatsoption, die läuft noch neun Monate und müsste ja 18-mal so teuer sein, kostet aber nur 253 Euro“, erklärt er. Lang kaufen, kurz verkaufen Genau das macht sich Tönnes zunutze. „Kurzlaufende Optionen sind aufgrund des höheren Zeitwertverfalls relativ gesehen teurer als langlaufende“, erläutert er. Daher verkauft er kurzlaufende Call-Optionen auf den Euro Stoxx 50 und den Nasdaq 100 und erwirbt entsprechende langlaufende in doppelter oder dreifacher Anzahl. „Damit gleiche ich die Aktienkursrisiken aus den verkauften Optionen aus, und es PORTRÄT Kay-Peter Tönnes I Antecedo FOTOS: CHRISTOPH HEMMERICH 78 fondsprofessionell.at 3/2024

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