FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2024

institutioneller Investoren hinzugewinnen können – in erster Line weil wir zeigen konnten, dass wir eben längerfristig durch- aus in der Lage sind, unsere Benchmark signifikant zu schlagen. John: Welche Lehren haben Sie aus dieser Erfahrung gezogen? Hat sich an Ihrem Investmentprozess etwas verändert? Walewski: Wir verfolgen seither einen stär- ker teambasierten, kollegialen Ansatz. Und wir agieren sehr viel vorsichtiger, wenn es eine Debatte um ein Unternehmen oder andere Unsicherheitsfaktoren gibt.Wir ach- ten zudem extrem streng auf die Einhal- tung von Compliance-Vorschriften bei den Unternehmen, in die wir investieren. Bei Zuwiderhandlung seitens der Unterneh- mensführung haben wir bestimmte Aktien konsequent verkauft oder gar nicht inves- tiert. Außerdem sind wir in den Top-Ten- Positionen des Fonds weniger konzentriert als früher, um unser Risiko stärker zu diver- sifizieren. Insofern war das Ganze auch eine Lektion in Sachen Bescheidenheit. Heuser: Was meinen Sie genau mit einem stärker kollegial geprägten Prozess? Walewski: Unser Equity-Team war lange Zeit zu groß, deshalb haben wir es auf inzwischen nur noch sechs Analysten redu- ziert. Außerdem haben wir unsere gesamte Arbeitsweise umstrukturiert. Das Spezialis- tentum früherer Jahre, bei dem jeder Ana- lyst für eine bestimmte Branche verant- wortlich war, ist seit geraumer Zeit Ge- schichte und dem genannten Teamansatz gewichen. Einen Spezialisten, der sich aus- schließlich auf eine bestimmte Branche konzentriert, wirklich herauszufordern, um seine Anlagevorschläge nachhaltig in Frage zu stellen, hat nicht wirklich gut funktio- niert.Heute arbeiten wir in gewisser Weise mehr als Generalisten, um Investment- ideen miteinander auszutauschen und aus bewusst unterschiedlicher Perspektive zu beurteilen. Und dieser Austausch geht inzwischen auch über unser Aktienteam hinaus. John: Wie meinen Sie das? Walewski: Wir haben bereits 2018 damit be- gonnen, ein eigenes Anleihenteam aufzu- bauen, und dafür renommierte Fonds- manager aus großen Investmenthäusern wie J.P. Morgan und Credit Suisse gewon- nen. Einmal abgesehen davon, dass wir da- durch inzwischen auch imAnleihenbereich durchaus erfolgreiche Produkte anbieten können, hat das den Vorteil, dass wir wert- volle Zusatzinformationen aus dem Bond- research in Bezug auf bestimmte Unterneh- men gewinnen, die nicht selten auch in die Entscheidungsfindung für oder gegen ein Investment in die entsprechende Aktie des betreffenden Unternehmens einfließen. Heuser: Bitte noch einWort zu Übergewich- tungen in Ihren Aktienportfolios. Walewski: Neben einer generell starken Gewichtung von Small und Mid Caps sind wir derzeit in Branchen wie Industrie und Kommunikationsdiensten sowie vor allem im Bereich Energie deutlich über- gewichtet. Eine Reihe von Aktien euro- päischer Unternehmen in diesem Sektor, und hier insbesondere auch kleinere Werte, sind nach unserer Auffassung vergleichs- weise niedrig bewertet und weisen derzeit einen bis zu 40-prozentigen Discount gegenüber ihren entsprechenden Pendants in den USA auf. Das hat aber weniger mit einer vermeintlichen Schwäche in Bezug auf die jeweiligen Fundamentaldaten der entsprechenden Unternehmen zu tun als vielmehr mit nur geringen Kapitalzuflüs- sen aufgrund von ESG- und Nachhaltig- keitsüberlegungen von Investoren. John: Gibt es einen Sektor, dem Sie mit Blick nach vorn besondere Chancen ein- räumen? Walewski: Aus meiner Sicht sind das in ers- ter Linie diverse Werte der Finanzbranche. Im Grunde werden sowohl Banken wie » Wir verfolgen heute einen deutlich stärker teambasierten, kollegialen Ansatz. « Nicolas Walewski, Alken AM MARKT & STRATEGIE Fondsmanager im Kreuzverhör | Nicolas Walewski | Alken Asset Management 54 fondsprofessionell.at 3/2024 FOTO: © TOM BIRTCHNELL KREUZ VERHÖR

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=