FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2024
Z u den hartnäckigsten Anlagefehlern zählt der Kauf historischer Performance. Wer mehrere ähnliche Fonds zur Auswahl hat, nimmt imNormalfall den, der über den verfügbaren Be- obachtungszeitraum hinweg am meisten erwirt- schaftet hat. Schon davor sucht man aber nach Fondskategorien, die zuletzt über längere Zeit hinweg den Gesamtmarkt geschlagen haben. Wer dieses „Rezept“ derzeit befolgt, landet bei Technologiefonds.Dabei steht fest, dass die in die- sen Fonds hoch gewichteten Titel einen langen Aufschwung hinter sich haben und näher an ihren historischen Höchstkursen notieren als an den Tiefstständen der letzten Jahre. Was das ungünstigstenfalls bedeuten kann, zeigt das reale Beispiel eines Technologiefonds eines führenden Anbieters (dessen Name nicht entscheidend ist), der Anfang September 2000 aufgelegt wur- de. Im Herbst 2000 durfte man hoffen, dass Technolgiewerte ihre in der Spitze mehr als 30-prozentige Korrektur, die im März 2000 begonnen hatte, hinter sich und neue Höhenflüge vor sich hätten. Tatsächlich hatte man aber nur die erste Phase des Platzens der Dotcom-Blase hinter sich, und der Nasdaq 100 Index fiel nach dem Fondsstart dann binnen zwei Jahren um rund 80 Prozent. Fonds- käufer, die das Produkt in der Hoffnung gekauft hatten, dass dem Internet und den damit verknüpften Technologien die Zukunft gehört, lagen mit dieser Annahme zwar richtig, warteten nach dem Kauf aber trotzdem etwa 17 Jahre (!), bis sie ihre Einstiegskurse wie- der erreichten. Achteinhalb Jahre nach dem Kauf – am Tiefpunkt der Finanzkrise – lagen sie mit ihrem Investment bei minus 80 Pro- zent. Bis Anfang September 2024 verbesserte sich die Bilanz seit Fondskauf auf eine annualisierte Rendite von etwa 4,7 Prozent.Die Zahl der Fondsbesitzer, die diesen Ertrag realisiert haben, weil sie das Produkt seit Auflage halten, ist aber vermut- lich gering. Viele dürften unterwegs das Hand- tuch geworfen und mit Verlust verkauft haben. Warum erzählen wir Ihnen das? Weil man in der Beratung derzeit vermutlich häufig Diskussionen über KI- und andere Technologieaktien führen muss. Zwar steht heute fest, dass künstliche Intelligenz in Zukunft eine wichtige Rolle spie- len wird; ob man davon profitiert, wenn man heute Nvidia-Aktien oder Technologiefonds, die diese hoch gewichten, kauft, ist hingegen keines- wegs sicher. Problematisch kann dies sogar für Anleger werden, die keine Sektorübergewichtungen vornehmen und dem Zeitgeist fol- gen, indem sie auf Beratung verzichten und den Gesamtmarkt via ETFs kaufen. Der Indexanbieter S&P Global verwies im Sommer dieses Jahres in einem Artikel darauf, dass der S&P 500 Equal Weight Index den S&P 500 in mehr als zwei Jahrzehnten Live- Historie übertroffen hat. Auch in einem Backtest bis 1970 zurück zeigt der Index, in dem alle 500 Aktien gleichgewichtet werden, eine langfristige Überrendite. Wir arbeiten in diesen Tagen an den Vorbereitungen für den FONDS professionell KONGRESS 2025, und wir hoffen natürlich, dass viele unserer Leser auch im kommenden Jahr diese einmalige Chance, sich mit Produktanbietern, Fondsmanagern und Bran- chenkollegen auf dem Laufenden zu halten, nutzen werden. FP Gerhard Führing Mamdouh El-Morsi Gerhard Führing, Mamdouh El-Morsi Gewichtungs probleme Der S&P 500 Equal Weight Index hat den S&P 500 Index sowohl in mehr als zwei Jahr- zehnten Live-Historie als auch im Backtest bis 1970 übertroffen. MEINUNG Brief der Herausgeber 4 fondsprofessionell.at 3/2024 FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN
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