FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2024

Ganz ungetrübt ist die Freude über die Neuerungen aber nicht. So schreckt die etwas höhere Komplexität manche Grün- der ab. „Wenn man wirklich die Gestal- tungsmöglichkeiten einer FlexCo aus- schöpft, kann es umfangreich werden. Der Beratungsaufwand kann steigen“, so Rosen- auer. Und damit natürlich auch die Kosten. Ein FlexCo-Vertrag, der wie für Start-ups üblich zur internationalen Ausrichtung auf Deutsch und Englisch erstellt wird, könne schon mal knapp ein Dutzend Seiten mehr haben als ein GmbH-Vertrag. Rechtsfragen Eine gewisse Zurückhaltung gibt es auch wegen rechtlicher Bedenken. Zwar ist die Rechtssicherheit grundsätzlich hoch, denn prinzipiell gilt alles, was im GmbH-Gesetz steht, auch für die neue Gesellschaftsform. Die FlexCo setze sich da auch in der Judi- katur drauf, betont Rosenauer. „Aber die große Flexibilität durch die zusätzlichen Anteilsklassen ist eben neu.Manche Grün- der und Investoren warten ab, wie sich Marktpraxis und erste Rechtsprechungen entwickeln“, so der Experte. Zum Beispiel stellt sich bei den Unternehmenswert-An- teilen, die von den Mitarbeitern gehalten werden können, die Frage, ob diese bei einem Exit zum Mitverkauf gezwungen werden können. „Im Fall einer GmbH wäre das üblich, aber bei der FlexCo ist das im Gesetz nicht klar definiert. Da entsteht aus der zweiten Anteilsklasse, den stimm- rechtslosen Unternehmenswert-Anteilen, eine große Unbekannte“, so Rosenauer. Zum anderen müssen sich viele Unter- nehmer wohl erst an neue Gesellschafter- rechte gewöhnen, die entstehen, wenn tatsächlich Unternehmenswert-Anteile an die Mitarbeiter ausgegeben werden. Zwar haben die Inhaber dieser UWA wie er- wähnt keine Stimmrechte. „Sie sind aber zu den Generalversammlungen einzula- den und müssen über schriftliche Abstim- mungen informiert werden, sie dürfen Fragen stellen und haben Einsicht in die Bücher“, erklärt Rosenauer. Man hat also einen Personenkreis, der relativ rasch über strategische Entscheidungen Bescheid weiß. Dass sich solche Informationen schnell verbreiten können, wenn der Per- sonenkreis größer ist, liegt auf der Hand. Auch das ist einer der Punkte, die in der Beratung vorab geklärt oder angesprochen werden müssen. Dass das Unternehmerinteresse an der FlexCo hoch ist, erfährt man bei der Wirt- schaftskammer Wien. „Aktuell gibt es bei uns im Gründungs- und Rechtsservice etwa gleich viele Anfragen und Beratungen wie auch zu anderen Rechtsformen. Das zeigt: Die neue Rechtsform ist angekom- men“, sagt Clemens Schmidgruber, Vor- standsvorsitzender der Jungen Wirtschaft Wien und Sprecher der Wiener Gründer. Das Gründerservice und das Rechtsservice der WKWien haben deshalb ihre Beratun- gen ausgebaut, wie es heißt. EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP » Wenn man wirklich die Gestaltungsmöglich- keiten einer FlexCo ausschöpft, kann es umfangreich werden. « Philip Rosenauer, PHH Rechtsanwälte FlexKapG/FlexCo – die Flexible Kapitalgesellschaft im Überblick Neu seit 1. Jänner 2024. Hybrid aus GmbH und AG: Die FlexCo baut auf dem GmbH-Recht auf, entnimmt aber die Flexibilisierung der Gesellschaftsanteile dem Aktienrecht. Es gibt zwei Aktienklassen: 1. gewöhn- liche Geschäftsanteile für Inhaber (sind mit allen Rechten ausgestattet), 2. Unternehmens- wert-Anteile (UWA) für die Mitarbeiterbeteili- gung (ohne Stimmrechte). Maximal 24,99 Prozent des Stammkapi- tals können als Unternehmenswert-Anteile ausgegeben werden. Der Firmenwortlaut muss die Bezeich- nung „FlexKapG“, „FlexCo“ oder „Flexible Kapital- gesellschaft“ enthalten. Bei mittelgroßen FlexCos ist ein Aufsichts- rat nötig (bei zwei der drei Merkmale: 5 Mio. Euro Bilanzsumme, 10 Mio. Euro Umsatz und/oder 50 Beschäftigte im Jahresdurchschnitt). Einfachere Beschlussfassung in Form von Umlaufbeschlüssen, Shareholderbeschlüsse sind auch per Mail möglich … Die Übertragung gewöhnlicher Geschäfts- anteile ist zwar nur geringfügig leichter als bei einer GmbH (kein Notariatsakt, aber eine Privat- urkunde durch Notar/Anwalt). Sehr einfach ist hingegen die Übertragung von Unternehmens- wert-Anteilen : Es genügt die Schriftform. Mindeststammkapital 10.000 Euro (wie seit Kurzem auch bei der GmbH), die Hälfte ist in bar einzubezahlen. Mindestbetrag für Stamm- einlage 1 Euro – statt 70 Euro bei GmbH. Steuern auf Erträge der Mitarbeiterbe- teiligung: Auf 75 Prozent kommt der Sonder- steuersatz von 27,5 Prozent zur Anwendung, auf 25 Prozent wird der progressive Einkommen- steuertarif angewandt. Quelle:FONDSprofessionell STEUER & RECHT FlexCap 268 fondsprofessionell.at 3/2024 FOTO: © PHILIPP RADON | RADONPHOTOGRAPHY.COM | PHH RECHTSANWÄLTER

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