FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2024
des Stammkapitals dürfen als UWA aus- gegeben werden. Diese Anteile sind sehr einfach zu übertragen. Notar oder Anwalt sind nicht nötig; die Schriftform genügt. Vor allem für junge Unternehmen, die viel Wachstumsfantasie haben, aber möglicher- weise noch geringere Gehälter zahlen kön- nen, sind Beteiligungen attraktiv: Man kann auf diesem Weg Mitarbeiter binden, sie durch erfolgsabhängige UWA zu Leis- tungen anspornen oder die Umwandlung von UWA in eine „reguläre“Gesellschafter- beteiligung in Aussicht stellen. Diese allge- meinen Zuckerl können auch im Versiche- rungsvertrieb ein Anreiz sein. Umgründung überlegenswert Abseits dieser Incentivierung kommen im gewerblichen Versicherungsvertrieb aber noch andere Überlegungen dazu: Eine FlexCo kann zum Beispiel steuerliche Vorteile haben, wenn es um Unterneh- mensverkäufe geht, bei denen der Inhaber noch eine gewisse Zeit mitarbeitet: Ein Großteil der Versicherungsmakler oder -agenten sind Einzelunternehmer. Geben Einzelunternehmer oder Personengesell- schaften ihr Geschäft auf, steht ihnen eine Halbierung des Einkommensteuersatzes zu, der beim Verkauf zu zahlen ist. Allerdings ist die Vergünstigung nicht zulässig, wenn man teils weiterbeschäftigt bleiben oder die laufenden Courtagen bis zum Vertrags- ablauf weiter beziehen möchte, wie Willim erklärt. Das Übernahmethema rückt nicht nur wegen der Alterung der Maklerschaft in den Fokus. „Wir sehen gerade, dass große Maklerbetriebe aus Deutschland und ande- ren Ländern in Österreich zukaufen wol- len. Weil ihnen hier die Markterfahrung fehlt, wollen sie, dass der Inhaber des über- nommenen Betriebs einige Jahre weiter- arbeitet“, so Willim. Wenn Personengesell- schaften oder Einzelunternehmer in dieser Situation eine Umgründung in eine FlexCo vornehmen, könne das auch für den Über- nehmer ein Vorteil sein. Zwar übernimmt er Pflichten wie die Steuerschulden mit, aber anders als bei reinen Bestandsüber- nahmen würden bei Kapitalgesellschaften (wie FlexCo oder GmbH) alle bisherigen Courtagevereinbarungen unverändert bleiben. Denn in Österreich stehen in den Provisionsverträgen zwischen Versiche- rungsunternehmen und Vertrieb selten „Change of Control-Vereinbarungen“. Auch muss man bei der Übernahme einer Kapi- talgesellschaft nicht von allen Kunden sämtliche Bestätigungen und Vollmachten neu einholen; es ändert sich ja nur der Gesellschafter. Mitarbeiterbeteiligung freiwillig Ob sich rein für den Verkauf eine Um- gründung in eine Kapitalgesellschaft (der Verkaufserlös wäre hier mit 27,5 Prozent zu versteuern) wirklich lohnt, ist im Einzelfall zu entscheiden. Auch bei Neugründungen muss die Grundsatzentscheidung getroffen werden: Steuerlich wird die FlexCo wie eine GmbH behandelt, die sich im Ver- gleich zur Personengesellschaft oder dem Einzelunternehmen pauschal gesprochen eher bei höheren Gewinnen rentiert. Wil- lim spricht die FlexCo jedenfalls bei Grün- dern häufig an. „Die Mitarbeiterbeteiligung wird immer wichtiger. Ich denke, auch die Versicherungsmakler kommen an der Flex- Co nicht vorbei“, sagt er und lobt die Gestal- tungsfreiheit. Es gebe keine wesentlichen Nachteile zur GmbH. „Und ich kann mich später entscheiden, ob ich die Mitarbeiter- beteiligung in Anspruch nehme“, soWillim. Im Firmenbuch sind bei Redaktions- schluss Mitte September gut 510 Flexible Kapitalgesellschaften eingetragen. Ihre Zahl wächst täglich. Es ist aber eindeutig noch mehr Dynamik nötig, damit sich die Erwartungen der Regierung erfüllen. Die hofft nämlich, dass sich zehn Prozent der Gründerinnen und Gründer, die bisher eine GmbH gewählt hätten, für die Flex- KapG entscheiden. Ausgehend von bisher jährlich rund 15.000 GmbH-Eintragungen wären das nach fünf Jahren 7.500 Flexible Kapitalgesellschaften, heißt es in der Fol- genabschätzung zum Gesellschaftsrechts- Änderungsgesetz 2023. Kein Vorteil ohne Nachteil Ob der Erfolg eintritt, dürfte wesentlich zumindest von zwei Faktoren abhängen: davon, ob sich die eingangs kritisierten Steuerberater und Juristen mehr mit den Feinheiten des neuen Modells beschäftigen, und von den ersten Praxiserfahrungen der Unternehmen selbst. Hier könnten noch Fragen auftauchen, wie sich im Gespräch mit Philip Rosenauer, Partner der Wiener Rechtsanwaltskanzlei PHH, zeigt. Als Spe- zialist für Start-ups und Investoren zählt er zu den Ersten, die sich intensiv mit der FlexCo beschäftigt haben, und er kann der Modernisierung im Gesellschaftsrecht viel abgewinnen. „Die Möglichkeit, Schlüssel- mitarbeiter über eine Beteiligung zu bin- den, ist gerade für ein junges Unterneh- men attraktiv“, so Rosenauer. Er sieht eine steigende Beratungsnachfrage. » Wir sehen gerade, dass Maklerbetriebe in Österreich zukaufen wollen. « Wolfgang Willim, Sewico fondsprofessionell.at 3/2024 267 FOTO: © HELMUT HIESINGER | SEWICO
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