FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2024
Abseits der Produktinnovationen und der Zinsen wird es nach der Nationalrats- wahl im September wesentlich auch von einer neuen Regierung abhängen, wie die Dynamik in der Vorsorge weitergeht. Dass die zweite und dritte Säule der Pensions- vorsorge – also die betriebliche und die pri- vate Komponente – in Österreich schwach sind, hat vor allem politische Gründe. Reformanlauf Eine neue Initiative verbreitete im Sep- tember nun aber Optimismus, dass sich da etwas tun könnte. Andreas Treichl, Chef der Erste-Stiftung, und VIG-Chef Löger lie- ßen im September vor Journalisten anklin- gen, dass bei einer Debatte imRahmen des Forum Alpbach mehrere Interessenvertre- ter verschiedener Lager Bereitschaft signali- siert hätten, über neue Wege im Pensions- system zu diskutieren. Die Gespräche waren angeblich besser als bei diesem hei- ßen Thema sonst üblich. „Die Basis für eine echte Lösung ist jetzt gegeben“, gab sich Treichl zuversichtlich. Grundlage für die Diskussionen soll un- ter anderem eine Studie sein, die die Erste- Stiftung und VIG bei EcoAustria in Auf- trag gegeben haben. Sie vergleicht die Pen- sionssysteme in Europa und zeigt, dass eine stärkere Kapitalmarkteinbezie- hung zum einen den Staats- haushalt entlasten und zum anderen das individuelle Pen- sionseinkommen erhöhen könnte. Als Beispiele dafür die- nen nordische Länder. In Schweden etwa forciert der Staat die dritte Säule, in Däne- mark oder den Niederlanden wiederum sorgen betriebliche Pensionen für einen hohen Pensionsbeitrag. Der Vergleich zeigt: In den Niederlanden gibt der Staat nur 6,5 des BIP für Pensionen aus, in Dänemark 8,5 Prozent. Im Ruhestand er- halten die Bürger in diesen Ländern 67 beziehungsweise 61 Prozent des Lohns (sogenannte Ersatzrate) aus dem teils kapitalgedeckten System. Österreich hingegen gibt 13,7 Prozent des BIP für Pensionen aus, während die Rentner nur 56 Prozent des Durchschnittslohns erhal- ten. Knapp gesagt ist das österreichische System in der relativen Betrachtung teuer, und es könnte mitunter für die Pensionis- ten mehr herausschauen, wenn man das bei uns dominierende Umlagesystem besser mit kapitalgedeckten Möglichkeiten anreichert. Laut EcoAustria-Chefin Monika Köppl- Turyna müssen die Österreicher damit rechnen, dass ihre Pensionen bis 2070 im Verhältnis zu den Löhnen deutlich sinken (siehe Grafik).Damit liefert die Studie auch Argumente für die individuelle Vorsorge. Im Kern geht es in dem Papier aber na- türlich um Best-Practice-Beispiele für eine mögliche Pensionsreform, in der die Chan- cen einer Kapitaldeckung besser zur Gel- tung kommen könnten. Interessant ist auch, welche Renditen Pensionskassen bei einem attraktiveren regulatorischen Rah- men erwirtschaften: Zwischen 2011 und 2021 lag die durchschnittliche reale Anla- gerendite kapitalgedeckter Pensionspläne in Schweden und Dänemark bei rund fünf Prozent, in den Niederlanden bei rund 5,7 Prozent, in Österreich bei 2,8 Prozent. Die Initiative will nun bis 2025 Vorschlä- ge ausarbeiten. Man wolle das Thema der staatlichen Pension „gesamt- haft“ diskutieren, nicht wie oft üblich in Einzelaspekten, so Löger. Und: „Es soll eine sach- liche, keine ideologische Dis- kussion stattfinden“, betonte er. Löger ging bei der Studienprä- sentation im September mit gutem Beispiel voran und ver- zichtete genauso wie Treichl auf Forderungen in eigener Sache, die im Vorfeld von Wahlen sonst gern an die Poli- tik herangetragen werden – etwa eine verpflichtende Be- triebspension oder eine Versi- cherungsteuersenkung. EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP Gefahr der Altersarmut Höherer Gap zwischen Lohn und Pension erwartet Stagnierende Ausgaben, sinkende Pensionen. Die Ersatzrate ist das Verhältnis von Durchschnittspension zu Durchschnittslohn. Quelle:EcoAustria 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 2070 2050 2022 Ausgaben in % des BIP Globale Ersatzrate in Prozent des Durchschnittslohns 13,7 % 56,0 % 14,0 % 47,0 % –20 % 14,0 % 45,0 % » Es soll eine sachliche, keine ideologische Diskussion stattfinden. « Hartwig Löger, VIG FONDS & VERSICHERUNG Pensionsmodell 176 fondsprofessionell.at 3/2024 FOTO: © GÜNTER MENZL
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