FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2024
neuen wirtschaftlichen Parameter negiert, und zwar mit der Aussage, dass es keine Vergleichstransaktionen gibt und deswegen die historischen Bewertungsniveaus einge- halten werden können. Ich halte das für ein bisschen kurzsichtig.Wir wissen, dass es verschiedene Bewertungsmethoden gibt. Man hielt allerdings an der Vergleichswert- methode fest, und zwar imWissen, dass ein verändertes Zinsniveau den Ertragswert einer Immobilie beeinflusst.Wir waren im ersten Quartal 2023 in Österreich die First Mover, indem wir aktiv eine Sonderbewer- tung unter den neuen Gegebenheiten in Auftrag gegeben haben. Die Abwertungen waren geringer als erwartet, weil eben die Gutachter längst noch nicht die gesamten Marktgegebenheiten eingepreist hatten. Das klingt für die Investoren erfreulich. Wir hatten einen forcierten Zinsanstieg von insgesamt 450 Basispunkten. Daher würde es mir persönlich besser gefallen, wenn die Gutachter dieses Ergebnis sofort umsetzen. Meiner Meinung nach ist das auch aufsichtsrechtlich geboten und im Interesse der Kunden, ihnen die realisti- schen Bewertungen aufzuzeigen. Wie sind die starken Abwertungen der deutschen Fonds Leading Cities Invest Ende 2023 und UniImmo: Wohnen ZBI im Juni 2024 zu erklären? Das sind sicherlich sehr starke Negativ- beispiele, die daher rühren, dass in den Monaten und Jahren davor keine oder nur geringe Bewertungsveränderungen vorge- nommen wurden und das dann nachge- zogen wurde. Wie passt das damit zusammen, dass der Wohnimmobilienmarkt landläufig als be- sonders krisensicher und stabil verkauft wird, weil das Wohnen ein Grundbedürfnis ist und gleichzeitigWohnraum knapp ist? Das muss man differenziert betrachten. Wohnen ist die sicherste Immobilien-Asset- klasse und wird von der demografischen Entwicklung enorm unterstützt.Wir konn- ten ein Wohnprojekt, das wir im vergange- nen Juli auf den Markt gebracht haben, schnell vermieten, und zwar zu Mieten, die über unserem Plan liegen. Wir reden hier über rund 14 Euro netto kalt pro Quadrat- meter im zehnten Wiener Bezirk. Vor eini- gen Jahren hielt man das nicht für mög- lich. Operativ funktioniert die Assetklasse also sehr gut. Unabhängig davon haben sich die Bewertungen aufgrund der geän- derten Kapitalisierungszinssätze verändert. Wenn eine Wohnimmobilie vor drei Jah- ren mit drei Prozent, aber heuer mit vier Prozent Rendite gehandelt wird, sinkt der Bewertungsansatz dieses Objekts um etwa ein Drittel.Haben Sie eine Gewerbeimmo- bilie mit einer Kapitalisierung von sechs Prozent und das Renditeniveau steigt um 100 Basispunkte, beträgt der Wertverlust nur etwa 15 Prozent, weil eben die 100 Basispunkte bei drei Prozent in Relation etwas anderes sind als bei sechs Prozent. Im Jahresvergleich sollten aber auch die Mieten gestiegen sein. Das ist richtig. Aufgrund der hohen Infla- tion sind die Mieten gestiegen – vereinzelt auch um zehn Prozent in einem Jahr. Bei den Wohnimmobilien war das noch leicht durchsetzbar, allerdings konnte das Miet- wachstum die Bewertungsveränderung nicht komplett kompensieren. Das erfolgt im Zeitraum von zwei bis drei Jahren. In Berichten ist plötzlich zu lesen, dass das Portfolio nicht ideal, weil zum Beispiel zu kleinteilig und zu alt sei. Das ist jedoch kei- ne zinsabhängige Komponente eines Im- mobilienwerts. Wie erklären Sie den plötz- lichen Bedarf an Portfoliobereinigungen? Unser Fonds Semper Real Estate wurde im Jahr 2004 aufgelegt und ist seither auf ein Immobilienvermögen von über einer Mil- liarde Euro angewachsen. Am Anfang wur- » Wir waren in Öster- reich die First Mover, indem wir aktiv eine Sonderbewertung in Auftrag gegeben haben. « Louis Obrowsky, LLB Immo KAG FOTO: © MARLENE FRÖHLICH I LUXUNDLUMEN SACHWERTE Louis Obrowsky | LLB Immo KAG 142 fondsprofessionell.at 3/2024
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