FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2024
volatilen Phasen beginnst, das System zu überstimmen. Ins System eingreifen ist das Schlimmste im quantitativen Trading. Und wie sind Sie als Trader eingestellt? In der historischen Betrachtung ist klar: Aktien sind nötig für die Performance. Es gibt aber keinen Aktienindex, der nicht mindestens einmal 50 Prozent oder mehr an Wert verloren hat.Um einen 50er-Draw- down aufzuholen, brauche ich bekanntlich ein Plus von 100 Prozent. Das war mir zu viel. Wir haben dann erkannt, dass man mit einer aktiven Aktienquotensteuerung den Drawdown gut reduzieren kann, denn die negativen Tage in den Indizes haben eine Tendenz zur zeitlichen Clusterung. Ein Beispiel: Von den zehn schlechtesten Tagen im Nikkei lagen allein vier im Jahr 2008. Auf Zeiten hoher Volatilität folgt mit höherer Wahrscheinlichkeit weitere Volati- lität. Dass es graduell über lange Zeit im- mer nur täglich 0,1, 0,2 Prozent bergab geht, ist selten der Fall. Deswegen ist die Volatilität eine wichtige Kennzahl für uns. Die Aktienquotensteuerung ist unser Si- cherheitsmechanismus. Genauso wie die Stop-Loss-Politik, wo das Modell ab gewis- sen Drawdowns aus Positionen rausgeht und so Verluste begrenzt. Spüren Sie nie den Reiz, doch einzugreifen? Der Reiz ist immer wieder da. Wir haben für solche Fälle ein Trading-Tagebuch. Da halte ich fest, warum ich gern das System überstimmt hätte und in welcher Form. Ein echtes handgeschriebenes Tagebuch? Ja, ein Kontrastprogramm zum rein quanti- tativen System. Wir analysieren das dann im Team. Wenn etwa Positionen zu lang- sam aufgebaut werden, überlegen wir, wie wir das System generell modifizieren kön- nen und ob das im Backtest einen lang- fristigen Vorteil für den Anleger gebracht hätte. Wir greifen aber niemals punktuell ein. Jede Entscheidung wird vomHandels- system auf Basis des Algorithmus getroffen. Eine Ausnahme war 2008 im Zuge der Finanzkrise, als wir händisch Geldmarkt- fonds mit ABS-Strukturen (forderungsbesi- cherte Wertpapiere) entfernt haben. Das System hat in den Geldmarkt umgeschich- tet, wir haben geschaut, dass keine unsiche- ren Fonds zum Einsatz kommen. Haben Sie als Privatinvestor ab und zu den Ehrgeiz, die Maschine zu schlagen? Meine langfristige Veranlagung besteht im Wesentlichen aus vermögensverwaltenden Fonds. Aber ich habe ein kleines Zocker- Portfolio, und da mache ich eigentlich alle Fehler, die man nicht machen soll. Ich lese von einer heißen Biotech-Aktie oder kaufe mit kurzfristiger Absicht,mache aber einen Buy-and-Hold-Trade draus. Auf lange Sicht ist das System besser. Seit Kurzem investiert Arts in Kryptowäh- rungen. Quantitative Modelle sind oft mit Extremereignissen schlecht zurande ge- kommen. Passt eine quantitative Strategie zu den volatilen Kryptowährungen? Man muss da verschiedene Handelsphilo- sophien unterscheiden. Es gibt Systeme, die Marktineffizienzen ausarbitrieren: Die kau- fen Öl in Chicago, wenn es billiger ist als in London, und verkaufen es dann dort. » Die Aktien- quotensteuerung ist unser Sicherheits- mechanismus. Genauso wie die Stop-Loss-Politik. « Leo Willert, Arts AM FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN fondsprofessionell.at 3/2024 107
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