FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2023
I m Jahr 2000 publizierten die Psychologen Sheena Iyengar und Mark Lepper eine Studie, deren zentrale Erkenntnis darin bestand, dass ein zu großes Produktangebot die Konsumbereit- schaft von potenziellen Käufern tendenziell senkt. Die US-Forscher haben dies zwar anhand der Marmeladeauswahl in einem Supermarkt festge- stellt, das Phänomen dürfte aber durchaus über- tragbar sein. Im Mitte dieses Jahres verö entlich- ten Morningstar-Report „Voice of the Investor“, der das Anlageverhalten amerikanischer Sparer beleuchtet, schätzt der Fondsdatenspezialist, dass sich die Zahl der verwalteten Anlageprodukte in den USA bis zum Jahr 2031 auf rund eine Million erhöhen wird. Zur Einordnung dieser Zahl: 2002 waren es etwa 31.500, 2011 lag der Wert bei 370.000. Grund- lage der Hochrechnung für 2031 war die jährliche Wachstumsrate des Produktangebots von 3,64 Prozent von 2017 bis 2022. Man kann also zu Recht von einemÜberangebot an Fonds, ETFs, fonds- gebundenen Versicherungen etc. sprechen. Und ähnlich wie bei Marmelade dürfte das größere Angebot die Nachfrage nicht erhö- hen, sondern zu mehr Verunsicherung führen.Man muss sogar an- nehmen, dass das Phänomen der „Kaufreue“bei Anlageprodukten häu ger auftritt als bei Konsumgütern, denn die Wahrscheinlich- keit, dass sich herausstellt, dass man den „besten“ Fonds hat, ist an- gesichts der Alternativen gering. Nun könnte man sagen, mit der Produktfülle wächst auch das Informationsangebot. Das Internet ist voll von Tutorials, Blogs und Videos, die privaten Anlegern un- terschiedlichste Kapitalanlagethemen näherbringen. Leider greift aber auch hier das „Auswahlparadoxon“.Wem kann man glauben, welche Konzepte sind tragfähig? Die Bandbreite reicht von Crash- Propheten, die zur Flucht in Gold raten, über Aktienfans, die auf Kursgewinne oder Dividenden setzen, bis hin zu Verfechtern der Kryptowährungswelt. Deren Ar- gumente mögen im Einzelfall schlüssig sein, dem Normalbürger mit wenigen Vorkenntnissen hilft das kaum. Die Morningstar-Analyse „Voice of the Investor“ liefert interessanterweise aber auch die Lösung für das Problem: Sie heißt „Finanzbera- tung“. Auf die Frage, welche Informationsquellen in Investmentfragen als wertvolle Hilfe wahrge- nommen werden, bekam „professionelle Bera- tung“mit 57 Prozent die beste Bewertung, wobei Webseiten, Trading-Plattformen und Finanzmedien mit 50 bis 55 Prozent kaum schlechter abschnitten. Interessanter ist die Beurtei- lung der Finanzberatung, wenn man sich ansieht, wer sie aus eige- ner Erfahrung kennt. Von 861 Anlegern, die diese Dienstleistung in Anspruch nahmen, bewerteten sie 90 Prozent als „sehr wertvoll“ und „extrem wertvoll“. Von den 1.142 Personen, die keine Finanz- beratung nutzten, hielten sie nur 31 Prozent für „sehr“beziehungs- weise „extrem wertvoll“. Mit anderen Worten: Wer professionell beraten wird, ist damit fast sicher zufrieden. Haben Sie Ihre Kun- den eigentlich schon einmal systematisch zu ihrem Grad der Zufriedenheit befragt? Vielleicht liefern die Ergebnisse ja einen wertvollen Baustein für Ihr Marketing.Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Jahreswechsel und würden uns freuen, Sie im März in Wien begrüßen zu dürfen. Gerhard Führing Mamdouh El-Morsi Gerhard Führing, Mamdouh El-Morsi Die Lösung heißt Anlageberatung Das weiter wachsende Angebot an Invest- mentprodukten ver- bessert die Chancen für die professionelle Anlageberatung – wenn man sie nutzt. MEINUNG Brief der Herausgeber 4 fondsprofessionell.at 4/2023 FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN
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