FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2023

auch die Spreu vom Weizen, das gilt sowohl für die Immobilienwirtschaft als auch für die Kreditvermittlungsbranche. Wir sehen nun allerdings, dass sich eine sehr interessante Chance am Sekundär- markt auftut. Können Sie dies näher erklären? Derzeit ist der Sekundärmarkt, das heißt der Markt mit Bestandsimmobilien, stark in Bewegung. Das hat viele Gründe, den- ken wir nur an die Generation der Erben. Natürlich zieht auch der Preisrückgang in diesem Segment bereits wieder Käufer an. Hinzu kommt, dass wir in Österreich im europäischen Vergleich einen extrem ho- hen Anteil an variabel verzinsten Krediten haben, dies eröffnet im Bereich der Kredit- optimierung ein enormes Potenzial, das wir bereits heben. Und davon konnten wir dieses Jahr bereits stark pro tieren. Wäh- rend der Gesamtmarkt um 60 Prozent ein- brach, waren wir nur mit einem Rückgang von 40 Prozent betroffen. Dadurch konn- ten wir unseren Marktanteil ausbauen, im laufenden Jahr liegen wir bei zirka zehn Prozent imNeugeschäft. 50 Prozent davon kommen bereits aus dem Bereich der Kre- ditoptimierungen, in den meisten Fällen stehen diese in Verbindung mit einer Neu- kreditaufnahme und einer Bestandsregulie- rung. Das heißt, der Kunde hat zum Bei- spiel auch Modernisierungsbedarf oder will eine Photovoltaikanlage kaufen. Zu- dem gibt es aktuell ja auch sogenannte Le- benswertkredite, wo es keinen Nachweis der Mittelverwendung braucht. So können bis zu 50 Prozent des Immobilienwerts zur Kapitalbeschaffung herangezogen werden. Variable Kreditemachen amGesamtmarkt aber immer noch zwei Drittel des Neu- kreditgeschäfts aus. Während der Nullzinspolitik haben sich vier von fünf Kunden für eine Fixzinsver- einbarung entschieden. Das ist sicherlich unserer Beratungsleistung geschuldet. Das gilt übrigens auch heute noch. Wenn der Kunde umfassend aufgeklärt wird, dann ist es meiner Erfahrung nach sehr wahrschein- lich, dass er sich für einen Fixzins entschei- det. Dass die Situation am Gesamtmarkt anders aussieht, hat verschiedene Gründe. Einerseits geht der Marktkonsens von fal- lenden Zinsen aus, viele Marktteilnehmer sprechen dabei bereits vom Jahr 2024. Andererseits war das Angebot an Fixzins- krediten begrenzt. Viele Kunden haben in der Vergangenheit natürlich auch von den günstigen variablen Krediten pro tiert und sind womöglich bereit, die momentane Verteuerung in Kauf zu nehmen, da sie ihrer Meinung nach einen nanziellen Puf- fer aufgebaut haben, der ihnen hilft, die Zeit bis zur nächsten Zinssenkungsphase zu überbrücken. Allerdings muss man auch erkennen, dass viele Kunden die Marktchancen nicht richtig einschätzen konnten. Generell gilt es gut darüber nach- zudenken, ob man mit dem Eigenheim in Spekulation gehen sollte. Viele Kreditnehmer haben aber den Ab- sprung in einen Fixzinskredit verpasst … Ja, viele variable Kreditnehmer in Österreich haben es verpasst, zum richtigen Zeitpunkt das Zinsmodell zu wechseln.Wir haben ak- tuell zunehmend Anfragen von Kunden mit deutlichem Vermögensüberhang, die ihre Zinsbelastung kaummehr tragen kön- nen. Das betrifft vor allem Kreditnehmer, die in den letzten Jahren vermehrt in Im- mobilien investiert und dafür Kredite mit variablen Zinsen abgeschlossen haben. Sie können nun die aktuellen Raten nicht mehr aus dem Cash ow bedienen und su- chen nach Lösungen. Stark betroffen sind auch Kreditnehmer, die den 12-Monats- Euribor als Referenzzins vereinbart haben, der einmal jährlich, meist am Jahresende, angepasst wird. Für diese Gruppe wird die Ratenanpassung Anfang 2024 besonders schmerzhaft,weil der Zinsanstieg zumVor- jahr abrupt zirka zwei Prozent beträgt. Wie viele Kooperationspartner haben Sie bereits, und wo sehen Sie noch Potenzial? » In so einer Phase trennt sich die Spreu vomWeizen. « Christoph Kirchmair, Infina FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN VERTRIEB & PRAXIS Christoph Kirchmair | Infina 242 fondsprofessionell.at 4/2023

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