FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2023
Die heftige Reaktion der Anleger auf die Nachricht über das Windhorst-Engage- ment von H2O könnte teils auf einer be- reits grassierenden Verunsicherung fußen. Denn nur wenige Tage zuvor hatte der britische Starmanager Neil Woodford sei- nen umgerechnet vier Milliarden Euro schweren Flaggschi fonds einfrieren müs- sen. Nach einer enttäuschenden Perfor- mance hatten Anleger zusehends Geld ab- gezogen.Wie sich zudem herausstellte, hat Woodford die Maximalgrenze für illiquide Wertpapiere umgangen. Die Abwicklung des Flaggschi s dauert bis heute an. Schaden begrenzen Ein Jahr davor wiederumwar das Fonds- haus GAM in den Fokus gerückt. Die Schweizer Gesellschaft suspendierte den Manager der Absolute-Return-Bond-Serie. Das Haus warf ihm Verstöße gegen interne Richtlinien vor. Der Manager bestritt die Anschuldigungen. Nach heftigen Mittel- abzügen fror GAM die insgesamt mehr als sechs Milliarden Euro schweren Fonds der Serie ein. GAM konnte zwar die Portfolios liquidieren, doch das Haus leidet bis heute unter Mittelab üssen. Eine Gruppe aktivis- tischer Investoren hält die Gesellschaft mit einem Kredit über Wasser und will sie sa- nieren (siehe Kasten „Drei Dra- men um eingefrorene Fonds“). Wie sollten sich Anleger und Berater nun in solchen Fällen verhalten? Die Antwort fällt ernüchternd aus. „Wenn es zu einer Krisensituation kommt, ist das Kind schon in den Brunnen gefallen“, konstatiert Natalia Wolfstetter, Analystin bei der Ratinggesellschaft Mor- ningstar. „Ohne Verluste wird ein Anleger da kaum heraus- kommen.“Bei den eingangs er- wähnten Beispielen ist es nur GAM gelungen, den Schaden der Anleger zu begrenzen. Bei der Au ösung der Anleihen- fonds erhielten Anteilseigner ungefähr den Stand zum Zeitpunkt des Einfrierens zu- rück – allerdings blieben in den Tagen vor der Schließung aufgetürmte Verluste stehen. „Ob es die bessere Wahl ist, ebenfalls Geld aus einem Fonds abzuziehen oder es investiert zu lassen und auf eine Erholung zu setzen, kommt immer auf den Einzelfall an“, folgert die Expertin und appelliert: „Besser wäre es, schon im Vorhinein bei der Auswahl eines Fonds auf einige Aspek- te zu achten“, sagt Wolfstetter. „Anleger soll- ten möglichst vor einem Investment die Asset Manager daraufhin abklopfen, wo es Risiken geben könnte.“ Zu den etwaigen Gefahrenherden zählt eine Produktpalette des Anbieters, die auf wenige, große Fonds konzentriert ist. Einer Abhängigkeit von einzelnen handelnden Personen können ebenfalls Risiken entspringen. Vertrauen als hohes Gut „Starmanager sind auch so eine Sache“, sagt Wolfstetter. „Wenn sie langfristig eine hohe Outperformance abgeliefert haben und eine dominante Stellung einnehmen, kann hausintern ein Gegengewicht fehlen, das ihre Entscheidungen hinterfragt.“ Es müsse eine Instanz mit einer Kontrollfunk- tion geben, am besten von Unternehmens- seite oder zumindest im Team, die im Zweifelsfall die Stimme gegen den Star- manager erhebe. Investoren sollten also der Frage nachgehen: „Gibt es eine gesunde Unternehmenskultur und ein Risikoma- nagement mit Checks and Balances?“, führt die Analystin aus. Wenn Fonds, Gesellschaft oder Manager trotz sorgfältiger Auswahl doch in die Schlagzeilen geraten, dann emp ehlt die Analystin einen genauen Blick auf die Reaktionen. „Im Krisenfall kommt es auf transparente Kommunikation an“, erläutert Wolfstetter. „Legt ein Anbieter o en Probleme dar, oder kommt alles nur scheibchen- weise zutage?“ Es gehe darum, das Vertrauen zu erhalten oder wiederaufzubauen. „In diesem Geschäft ist Vertrauen ein wichtiges Gut“, betont die Expertin. „Geht es einmal ver- loren, lässt es sich nur schwer wiedergewinnen.“ » Starmanager sind auch so eine Sache. « Natalia Wolfstetter, Morningstar Gut aufgeräumt Zahl der Neuauflagen und Schließungen europäischer Fonds Seit dem Jahr 2017 werden in Europa mehr Fonds neu aufgelegt als geschlossen oder fusioniert. *perEndeSeptember |Quelle:LSEGLipper for InvestmentManagement -3.000 -2.000 -1.000 0 1.000 2.000 3.000 2023* 2022 2021 2020 2019 2018 2017 2016 2015 2014 2013 Neuauflagen Fusionen Auflösungen fondsprofessionell.at 4/2023 221 FOTO: © MORNINGSTAR
RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=