FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2023

Im Zentrum der ganzen regulatorischen Vorgaben steht ja das Erreichen der Pariser Klimaziele. In der ganzen Diskussion um technische Kriterien und delegierte Rechts- akte wird manchmal außer Acht gelassen, dass es in Wahrheit um das Erreichen die- ses 1,5-Grad-Ziels geht. Wahrscheinlich wird eine Quanti zierung des Themas nie- mals so gut funktionieren wie in anderen Bereichen. Ich glaube aber, dass viele der regulatorischen Rahmenbedingungen, die wir jetzt haben, noch weiter konkretisiert werden.Meiner Meinung nach meint man es in manchen Bereichen aber auch zu gut. Da besteht die Gefahr, dass Regeln so weit verfeinert werden, dass sie in der Praxis nur schwer umsetzbar sind. Dies zeigt etwa ein Blick nach Deutschland, wo man mit dem Lieferkettensorgfaltsp ichtengesetz die künftigen EU-Regeln schon etwas vorweg- genommen hat.Das Gesetz verp ichtet die deutschen Unternehmen beziehungsweise deren Zulieferer – als Teil ihrer internatio- nalen Lieferketten – zu umfangreichen Kontrollen und zur Einhaltung von ökolo- gischen, sozialen und unternehmerischen Standards. Prinzipiell ist es eine wünschens- werte Sache, dass wir als Konsumenten wis- sen, dass die Dinge, die wir kaufen, nicht durch Sklaverei oder Kinderarbeit entstan- den sind. Allerdings müssen solche Regeln auch im Alltag umsetzbar sein. Die Unter- nehmen müssen auch das notwendige Datenmaterial bekommen, um das alles dokumentieren zu können. In der Praxis ist dies aber oft nicht so einfach. Welche Auswirkungen könnten entspre- chende Regelungen auf die Finanzindustrie haben, wenn diese auf EU-Ebene umge- setzt werden? Die EU-Richtlinie liegt erst im Entwurf vor, insofern lässt uns nur ein Blick nach Deutschland erahnen, in welche Richtung es gehen wird. Als sicher gilt, dass die Finanzwirtschaft der Lieferkettenregelung unterliegen wird. Das bedeutet, dass auch Finanzprodukte wie Kredite oder Invest- mentfonds – vom Produkthersteller über den Vertrieb bis hin zur nachhaltigen Kun- denberatung – erhöhten Transparenz- und Qualitätsstandards entsprechen müssen. Die größten weltweiten Vermögensverwal- ter haben sich der Net Zero Asset Mana- gers initiative (NZAM) angeschlossen. Ziel ist es, bis zumJahr 2050 die selbst gesetz- ten Netto-Null-Ziele zu erreichen. Laut einer Studie des Londoner Thinktanks Finance Map sind sie allerdings weit davon entfernt, diese Ziele zu erreichen.Was brin- gen solche Initiativen? Oder handelt es sich eher um eine Art Greenwashing? Ich würde den Unternehmen nicht unter- stellen, dass die Intention hier war, sich grüner zu zeigen, als man tatsächlich ist. Vor ein, zwei Jahren war die Euphorie bei den Unternehmen noch sehr groß und die Motivation hoch, sich an solchen zum Teil freiwilligen Initiativen zu beteiligen. Es war manchen nicht ganz klar, dass man sich dann auch mit ganz konkreten Zielsetzun- gen und deren Erreichen auseinanderset- zen muss und dass dies auch kontrolliert wird. Ähnliches zeigt sich ja auch bei den Artikel-8- und Artikel-9-Fonds: Nachdem es anfangs keine konkrete De nition gab, waren die Gesellschaften oft der Meinung, dass sie einen soliden Artikel-9-Fonds ha- ben. Mittlerweile wird deutlich genauer kontrolliert, auch innerhalb der Unterneh- men. Dies zeigt sich auch bei den Banken, wo nun auch bei Finanzierungen genau auf deren Impact geschaut wird – also wie hoch etwa die Emissionsbelastung an CO 2 durch die Finanzierung ist. Das wäre vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen. Dieser Prozess dauert einfach seine Zeit. Danke für das Gespräch. GEORG PANKL FP » Die Umsetzung auf EU-Ebene wird wohl noch zwei bis drei Jahre dauern. « Dr. Heidrun Kopp, FH Wien KURZ-VITA: Dr. Heidrun Kopp studierte in Wien, London und den USA (an der Harvard Busi- ness School). Sie ist Gründerin des Instituts für nachhaltiges Finanzwesen. Seit 2021 ist sie zusätzlich Head of Program Sustainable Finance Management an der FH Wien der WKW. FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN VERTRIEB & PRAXIS Dr. Heidrun Kopp | FH Wien 196 fondsprofessionell.at 4/2023

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