FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2023

lei Hinsicht. Das bedeutet eine massive strukturelle Veränderung in den Unterneh- men und erfordert natürlich auch völlig neue interne Prozesse und entsprechendes Know-how. Früher wurde das ESG-Thema vor allem im Marketing oder im Bereich eines Vorstands abgebildet, heute betrifft es alle Unternehmensbereiche und -ebenen. Nun treten wir in eine neue Phase der Transformation ein, in der sich nicht nur der Vertrieb, sondern auch der Einkauf, die Produktentwicklung, die Kundenberatung, der Aufsichtsrat und viele andere Akteure mit dem Thema auseinandersetzen. Die Regulatorik kommt über die Finanzdienst- leister direkt zum Endkunden und über die Lieferkette zu den Produktanbietern im In- und Ausland. In der Praxis haben die neuen EU-Regelun- gen ja eher für Verwirrung gesorgt. Zumin- dest hat es den Anschein, wenn man mit Vermögensberatern spricht, die ja seit dem Vorjahr auch die Nachhaltigkeitspräfe- renzen der Kunden abfragen müssen. Wie nehmen Sie das wahr? Die Tatsache, dass die Offenlegungsverord- nung umgesetzt werden musste und die EU-Taxonomie noch nicht fertig war, hat die Sache natürlich nicht vereinfacht. Vieles ist ja immer noch nicht endgültig de niert. Insofern versucht man, in der Praxis einen gangbaren Weg zu nden. Bei der Bera- tung ist es daher wichtig, im Erwartungs- management des Kunden noch stärker die Dimension des Themas mitzunehmen.Da- her investieren auch immer mehr Finanz- unternehmen in die Ausbildung ihrer Mit- arbeitenden, da diese erkannt haben, dass das Thema langfristig bleiben wird. Desto besser die Beratenden hier ausgebildet sind, umso eher greifen sie das Thema auch in der Praxis auf und können dementspre- chend Kundengespräche besser meistern. Dabei geht es nicht nur darum zu wissen, was Artikel-8- und Artikel-9-Fonds sind, sondern auch darum, hinter das Thema zu blicken und etwa erklären zu können, was der CO 2 -Fußabdruck bei einem Fonds ist. Ein Ziel unserer Ausbildungsschienen ist es, Beratenden die notwendigen Skills für ein wertorientiertes Kundengespräch zu vermitteln – auch wenn gewisse Regelun- gen noch nicht abschließend de niert wur- den. Man kann Kunden dann zeigen, dass man das Thema der nachhaltigen Trans- formation oder den europäischen „Green Deal“ nicht nur als regulatorische Bürden sieht, sondern sie aktiv aufnimmt und auch die Chancen und Möglichkeiten sieht, die sie für den Einzelnen mit sich bringen. Die Berater standen nach Einführung der Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen allerdings vor dem Dilemma, dass es nur sehr wenige Artikel-9-Fonds gab. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Ja, anfangs waren die Datenqualität, die Ver- fügbarkeit und deren Belastbarkeit sicher ein Problem. Die EU-Taxonomie ist das erste Vehikel, das europaweit sehr strikt klassi ziert, was unter einer nachhaltigen Tätigkeit zu verstehen ist. Daher haben wir noch relativ wenige EU-Taxonomie-kon- forme Produkte am Markt. Das wird sich aber relativ bald ändern, da die Datenqua- lität zunehmend besser wird. Sie sagen es selbst, viele Dinge sind noch unklar.Wird aus Ihrer Sicht jemals Klarheit bei dem vielschichtigen Thema herrschen? Vieles ist ja immer noch nicht endgültig definiert, insofern versucht man, in der Praxis einen gang- baren Weg zu finden. » « D r . H e id r u n K o pp , FH W ie n d e r WK W FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN fondsprofessionell.at 4/2023 195

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