FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2023

Milliarde weniger als noch im Jahr 2013, als es über 6,4 Milliarden waren (siehe Gra k „Verlustreiches Jahrzehnt“). Rechnet man die In ation mit ein, müssten die Versicherungen heute eigentlich sogar um drei Milliarden Euro mehr Prämien im Bereich Leben einnehmen. Das war aus den Unternehmen zuletzt öfter zu hören. Auch Wiener-Städtische-Vorstand Manfred Bartaslszky hob diesen Aspekt im Inter- view mit der Redaktion hervor (siehe Seite 160). Natürlich war die Tief- und Negativ- zinslandschaft, die für sichere Anlagen keine Renditen bot, ein Klotz am Bein der Assekuranzen. Staatliche Vernachlässigung Doch es gibt auch eine politische Di- mension, die dafür sorgt, dass Lebensver- sicherungen auf dem Vorsorgemarkt den Rückzug angetreten haben: Der Staat hat die zweite (betriebliche Vorsorge) und drit- te Säule (private Vorsorge) massiv vernach- lässigt. In der betrieblichen Vorsorge etwa sieht man das an der berühmten Zukunfts- sicherung nach § 3/1/15a EStG: Arbeit- geber können jährlich 300 Euro steuer- befreit für die Vorsorge ihrer Mitarbeiter einzahlen (KESt-frei). Ein Betrag, der seit fast 50 Jahren nicht erhöht wurde. Und das ist nicht der einzige Bereich, in dem sich die Republik mit der regelmäßi- gen Wartung ihrer Fördermaßnahmen überfordert zeigt. Der Prämienbegünstig- ten Zukunftsvorsorge (PZV) geht es ganz ähnlich: Im Jahr 2003 als Meilenstein in der dritten Säule der Altersvorsorge einge- führt, wird die PZV heute nur noch von vier Versicherern angeboten, die im Vorjahr gerade einmal 6.000 Neuverträge abschlie- ßen konnten. Ein Vorsorgemodell in einem Staat mit rund neun Millionen Menschen müsste wahrlich andere Dimensionen annehmen. Vor zehn Jahren waren noch 21 Versicherer und fünf Kapitalanlagege- sellschaften in der PZV aktiv. Die meisten von ihnen warfen wegen der engen Veran- lagungsvorschriften und der ebenso be- schränkenden Garantievorgaben das Hand- tuch. Trotzdem hat keine Regierung bisher das System auf tragfähigere Beine gestellt. Kurz: Die Absicherung der Bevölkerung über die zweite und dritte Säule könnte weit höher sein – allein durch die regel- mäßige P ege von PZV und Arbeitgeber- modellen. Kein Ersatz für erste Säule Bitter daran ist, dass der private Bereich klein gehalten wurde, während die erste Säule politisch teils sehr aktiv bearbeitet wird – allerdings nicht in eine zukunfts- fähige Richtung. ImOktober dokumentier- te der Rechnungshof in einem lesenswer- ten Bericht die Fahrlässigkeit, mit der die Politik ungeachtet der demogra schen Entwicklung ein Wählerzuckerl nach dem anderen im Bereich der Pensionen ver- schenkte. Aufgrund der Zustände lief der Alterssicherungskommission im Jahr 2021 sogar der Vorsitzende, Walter Pöltner, da- von. Auch andere versprochene Pensions- vorsorgemaßnahmen haben eine lange Historie der Nichtumsetzung. Ein seit vielen Jahren im Raum stehendes Vorsor- gedepot, in dem Bürger einen gewissen Be- trag steuerbegünstigt veranlagen können, kommt nach Recherchen nicht. Und die im Regierungsprogramm angekündigte Pensions-App, die die Bürger über alle drei Säulen informiert, hat in den nächsten Jahren ebenfalls keine Aussicht auf Umset- zung, wie die Redaktion kürzlich erfuhr. Doch zurück zu den Lebensversiche- rungsprämien: Mehrfach äußerten Versi- Hoher Rückgang bei „Leben“ Hoher Rückgang im Bereich Leben im 1. Halbjahr 2023 Dass die Versicherungen im ersten Halbjahr auf ein Prämienplus kamen, lag an der guten Performance von Schaden/Unfall- und Krankenversicherung. Im Bereich Leben war das Minus gro0. Quelle:FMA 0 2.000 4.000 6.000 8.000 10.000 12.000 Kranken- versicherung Lebens- versicherung Schaden- Unfall- versicherung Gesamt Mio. Euro Prämienvolumen 1. Halbjahr 2023 +4,48 % +8,79 % -7,69 % +7,02 % Schuld waren die Einmalerläge Laufende Prämien versus Einmalerläge Segment Leben Schuld an dem Minus in der Lebensversicherung waren die Einmalerläge. Wer höhere Beträge zu veranlagen hat, investiert sie anderswo. Bei den laufenden Prämien war das Minus im Halbjahr geringer. Quelle:FMA 0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 Lebensversicherung: Einmalerläge Lebensversicherung: Laufende Prämien Mio. Euro Prämieneinnahmen 1. Halbjahr 2023 -0,90 % -39,00 % fondsprofessionell.at 4/2023 179

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