FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2023

die Arbeitsaufnahme in Deutschland zu er- leichtern“, moniert Lupus-Alpha-Manager Glück. Immerhin habe die Ampelkoalition nun endlich das Gesetz zur Fachkräfte- einwanderung auf den Weg gebracht. Deutschland liegt beim Pro-Kopf-Ein- kommen nach IWF-Angaben weltweit auf Platz 13. Beim verfügbaren Pro-Kopf-Ein- kommen nach Steuern und Sozialabgaben reicht es dagegen selbst innerhalb Europas nur noch für den neunten Platz, hat das Marktforschungsinstitut GfK berechnet. „Wir erwirtschaften immer noch ein hohes BIP pro Kopf, aber davon kommt sehr wenig bei den Bürgern an“, sagt Glück. Die Steuern, mit denen der hohe Staatsanteil nanziert wird, hemmen seiner Meinung nach die pri- vate Wirtschaftstätigkeit. Auch der deutsche Kapitalmarkt scheint für Firmen an Attraktivität zu verlieren. Das zeigt etwa das Delisting von erfolgreichen deutschen Firmen wie Linde: „Der deutsche Kapitalmarkt wurde im vergangenen Jahrzehnt zu- nehmend von den USA abgehängt“, meint etwa Main rst-Fondsmanager Olgerd Eichler. Der deutsche Impfsto - pionier Biontech hatte sich ebenfalls für ein Listing an der Nasdaq entschieden. Für den Aktienkurs hat das nicht nur Vorteile: Dass der Biontech-Kurs kaum voran- kommt, liegt nach Meinung von Acatis- Chef Hendrik Leber auch daran, dass sich kaum ein Brokerhaus mit der Aktie be- schäftigt. Leber: „Eine großartige Firma liegt auf der Resterampe des amerikani- schen Kapitalmarktes.“ Antizyklische Chance? Doch was bedeutet das alles für die Aus- sichten deutscher Aktien? Sollten Anleger sich von ihnen trennen – oder im Gegen- teil die Chance zum günstigen Einstieg nutzen? Frank Fischer, Vorstandschef der Investmentboutique Shareholder Value Management, hebt die positiven Aspekte seines Heimatlandes hervor: „Wir haben eine funktionierende Demokratie und einen Rechtsstaat, in dem Privateigentum garantiert ist“– beides Dinge, die leider kei- ne Selbstverständlichkeit sind. Für Marcel Fratzscher, den Präsidenten des Berliner DIW-Instituts für Wirtschaftsforschung, hat der Standort gleich mehrere Stärken. Dazu zählt er stabile Institutionen und einen starken Rechtsstaat, innovative und starke Unternehmen und die soziale Marktwirt- schaft. Viele Kritikpunkte hält er für Stim- mungsmache. Da gelte es, eine Abwärts- spirale zu verhindern. Jan Viebig, Chefanlagestratege von Oddo BHF, hält deutsche Aktien zwar für günstig: „Aus Bewertungssicht er- gibt es Sinn, nach Deutschland zu schauen.“ Er glaubt aber, dass viele Anleger traditionell noch immer viel zu stark in den eigenen Markt investiert sind. Die aktuelle Lage sieht er daher als Erinnerung, das Aktienportfolio international zu diversi zieren. Sabrina Reeh, Portfoliomanagerin bei der DWS, beobachtet durchaus, dass deutsche Aktien bei internationa- len Anlegern momentan nicht hoch im Kurs stehen. „Die Zurückhaltung besonders bei ausländischen Investoren Carsten Mumm, Donner & Reuschel: „Das lange erfolgreiche Geschäftsmodell der deutschen Volks- wirtschaft wird nun zur Schwäche.“ Frank Fischer, Shareholder Value Management: „Wir haben eine funktionierende Demokratie und einen Rechtsstaat, der Privateigentum garantiert.“ » Eine Agenda 2030 wäre eine Initialzündung für den deutschen Aktienmarkt. « Christoph Gebert, Ehrke & Lübberstedt ZEW-Standort-Ranking Rang 2022 Rang 2021 Land 1 1 USA 2 3 Kanada 3 7 Schweden 4 2 Schweiz 5 5 Dänemark 6 6 Irland … … … 13 9 Österreich … … … 18 14 Deutschland Deutschlands Standortfaktoren für Familienunter- nehmen können mit denen an Spitzenstandorten nicht mehr mithalten. LänderindexFamilienunternehmen |Quelle:ZEW2023 MARKT & STRATEGIE Deutschland 108 fondsprofessionell.at 4/2023 FOTO: © JOHANNES_VOGT | DONNER&REUSCHEL, CHRISTOPH HEMMERICH | SHAREHOLDER VALUE MANAGEMENT

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