FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2023
banken, das es so vorher doch auch noch nicht gegeben hatte. Vollkommen richtig. Das hat zu anhalten- den Diskussionen über ein vermeintlich gebrochenes europäisches Wachstums- modell geführt, verbunden mit der Be- fürchtung, es könne uns eine Art „Japani - cation“ drohen, geprägt von einer Preis- entwicklung, in der die In ationsrate sich permanent unterhalb einer Rate von einem Prozent bewegen würde. Man darf nicht vergessen, dass die fünfjährigen In a- tionserwartungen noch immer leicht unter einem Prozent lagen, als sich Mario Draghi Ende 2019 als Präsident der EZB verab- schiedete. Das hat dazu geführt, dass das Vertrauen in die Geldpolitik enorm in Mit- leidenschaft gezogen wurde … … nach dem Motto: „Ja, EZB, ihr habt viel versucht mit negativen Zinsen und Anlei- henkaufprogrammen, aber wir glauben euch nicht mehr, dass ihr euer Zwei-Pro- zent-Ziel bei der Inflation erreichenwerdet.“ So kann man das sicher sagen. Im Grunde war es ja auch nicht die Politik der Noten- banken, die die Preise ansteigen ließ. Am Ende hat ein durch eine Pandemie hervor- gerufener totaler Wirtschaftsstillstand mit anschließender Wiederöffnung des Ge- schäftslebens dazu geführt. Dieser hat in der Wirtschaft etwas wie einen zwischen- zeitlichen Flaschenhals geschaffen. Daher konnte es kaum verwundern, dass nach anderthalb Jahren Homeo ce und Lock- downs jeder nach dem Re-Opening sofort seinen Urlaub, sein Kinoerlebnis und sei- nen Restaurantbesuch haben wollte.Nicht zu vergessen die Lieferengpässe, die ein Übriges getan haben, dass die Orderbücher über weite Strecken übervoll waren. Dass das zu einemAnstieg der Preise füh- ren würde, wird aber doch aus heutiger Sicht kaum noch verwundern. Aber wenn Sie mich vor drei Jahren ge- fragt hätten, wie die EZB es irgendwann schaffen könnte, die europäische In ation in einer Art wieder deutlich anzuheben, dass der Markt ihr auch glaubt, sie könne ihr Zwei-Prozent-Ziel nachhaltig erreichen, so hätte ich mit Sicherheit nicht genau dieses Szenario ausgemalt. Insgesamt hoffe ich allerdings schon, dass wir damit so etwas wie eine „Halbes-Jahrhundert-Krise“ gese- hen haben, die wir in den kommenden Jahren hoffentlich nicht in dieser Form er- leben werden. Denn auch wenn wir einige Erscheinungen wie die Relative-Value-Situa- tion zwischen Europa und USA oder die für Großbritannien zu hohe In ations- schätzung der Bank of England gut für unsere Fonds nutzen konnten: Eine Preis- steigerung von zeitweise mehr als acht Pro- zent bei einem gleichzeitigen Zusammen- laufen der Korrelationen nahezu aller As- setklassen muss für mich nicht zu einem Dauerzustand werden. Vollumfänglich zufrieden können Sie aber doch nicht sein, wenn man die Perfor- mance eines Euro Bond und eines Sustai- nable Fixed Income Strategies vergleicht? Wenn Sie damit meinen, dass der Sus- tainable Fixed Income Strategies unter der reinen Performancebetrachtung zu den ab- soluten Topfonds seiner Peergroup gehört, der Euro Bond aktuell aber im vierten Quartil seiner Vergleichsgruppe notiert, dann ist das zwar augenscheinlich korrekt, greift aber dennoch zu kurz. Deshalb teile ich Ihre Ansicht nicht und würde sogar im Gegenteil behaupten, dass wir tatsächlich vollumfänglich zufrieden sind mit unserer Leistung und dem Ergebnis unseres akti- ven Ansatzes. Wie das? Weil die prozentuale Wertentwicklung in dem Fall nur die halbe Wahrheit ist. Das hängt in erster Linie mit den Anlagezielen der beiden Fonds zusammen. Ich würde sogar sagen, dass wir in beiden Fällen unse- re Zielsetzung, ein entsprechendes Alpha für die jeweilige Strategie zu erzielen,mehr als erfüllt haben. Dazu muss man wissen, dass der Euro Bond Fund ganz bewusst als » Eine Preissteigerung von zeitweise mehr als acht Prozent muss für mich nicht zu einem Dauerzustand werden. « Michael Krautzberger, Blackrock FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH MARKT & STRATEGIE Michael Krautzberger | Blackrock 104 fondsprofessionell.at 4/2023
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