FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2023
Die große Null nummer Immer mehr Fondshäuser bieten Anlagelösungen mit integrierter CO 2 -Kompensation. Doch nicht alle gut gemeinten Ansätze dürften gleichermaßen zum Ziel führen. Ein Marktüberblick. D ie Europäische Union (EU) hat sich in ihrem „Fit for 55“-Programm die Senkung des Kohlendioxidausstoßes (CO 2 ) um 55 Prozent bis 2030 und die Nettonull bis 2050 zum Ziel gesetzt.Manche Vermö- gensverwalter möchten ihren Kunden aber schon heute de facto klimaneutrale Pro- dukte anbieten, auch wenn Ausschluss- und Auswahlverfahren in aller Regel nicht genügen, um Fonds komplett CO 2 -neutral aufzustellen. Um die verbleibenden Emis- sionen zu neutralisieren und Portfolios auf Klimaneutralität zu trimmen, nutzen die Anbieter daher verschiedene zusätzliche Verfahren. Mit dem Anspruch, CO 2 im Schnell- durchgang auszuschalten, setzen sie ein Zeichen für mehr Nachhaltigkeit, gehen damit aber zugleich selbst ins Risiko.Denn die Fondsanbieter kontrollieren zwar meist nicht alle Schritte in der CO 2 -Kompensa- tionskette, potenzielle Missstände drohen aber dennoch auf sie zurückzufallen. Anle- ger wiederum sollten sich im Klaren sein, wie die verschiedenen Ansätze funktionie- ren und wo ihre Grenzen liegen. Klimaschutzzertifikate Eine nicht nur in der Fondsindustrie be- liebte Möglichkeit zur Netto-Dekarbonisie- rung bieten freiwillige Kompensations- zertifikate, mit denen Klimaschutzprojekte finanziert werden. Ähnliches kennen etwa Flugreisende, die für einen geringen Auf- schlag den von ihnen verursachten CO 2 - Ausstoß schon mit der Buchung tilgen können. Fondsanbieter nutzen die Kom- pensationszertifikate sowohl auf Fonds- ebene wie auch für einzelne CO 2 -freie Anteilsklassen: Vor Kurzem lancierte der britische Asset Manager Schroders für den gemäß Artikel 8 Offenlegungsverordnung klassifizierten Nachhaltigkeitsfonds Schro- der Global Climate Leaders spezielle An- teilsklassen mit Kohlenstoffkompensation über Zertifikate. Ein ähnliches Konzept ver- folgen weitere Anbieter auf Fondsebene, etwa für den Zurich Carbon Neutral World Equity Fund. Zahlreiche Asset Ma- nager verwenden die Zertifikate auch, um Emissionen der eigenen Geschäftstätig- keiten auszugleichen. Das Prinzip: Jede Firma – und damit jedes potenzielle Portfoliounternehmen – berichtet seine sogenannten Scope-1- und Scope-2-Emissionen (siehe Glossar nächste Seite). Diese Emissionen rechnen Fonds- anbieter oder deren spezialisierte Koopera- tionspartner über das publizierte CO 2 -Pro- fil (Carbon to Value invested) der Bench- mark oder einzeln für jedes Portfoliounter- nehmen auf den vom betreffenden Fonds finanzierten Anteil um. „Produziert“ eine Firma etwa 1.000 Tonnen CO 2 und ein Fonds finanziert ein Prozent des Unterneh- mens, so werden zehn Tonnen CO 2 die- sem Fonds zugerechnet. Um netto betrach- » Wir wollen sicher- stellen, dass Anleger im Hier und Jetzt klimaneutrale Portfolios haben können. « Hector McNeil, Han-ETF Mitunter suggeriert die Werbung, die Kompensation des CO 2 -Ausstoßes sei ein Kinderspiel. Ganz so einfach wie in diesem Bild dargestellt ist es leider jedoch nicht, klimaschädliche Emissionen wettzumachen. MARKT & STRATEGIE CO 2 -Kompensation 72 fondsprofessionell.at 3/2023 FOTO: © TANAONTE | STOCK.ADOBE.COM
RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=