FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2023

Neue Verschärfungen Die neue EU-Kleinanlegerstrategie (Retail Investment Strategy, RIS) könnte in der Praxis massive Auswirkungen auf die Finanzbranche haben. Ein Überblick. A m 24.5.2023 veröffentlichte die EU- Kommission ihren Legislativentwurf zur lang erwarteten Retail Investment Stra- tegy (RIS). Im Fokus der RIS liegen Sustain- able Finance und neue Provisionsregeln. Zwar hat die EU-Kommission von ihrem ursprünglichen Vorhaben, ein vollständiges Provisionsverbot vorzuschlagen, abgesehen. Damit kommt sie den Forderungen der Finanzbranche zumindest teilweise entge- gen, die das ursprünglich geplante Provi- sionsverbot scharf kritisiert hatte. Dennoch wird das neue Paket zu Herausforderungen für die Vertriebsstrukturen in der Anlage- beratung führen. Partielles Provisionsverbot Auch wenn ein allgemeines Provisions- verbot nicht weiterverfolgt wird, stehen weitere Verschärfungen bevor: Derzeit be- steht bereits ein allgemeines Provisionsver- bot bei der Portfolioverwaltung und der unabhängigen Anlageberatung. Dieses soll in Zukunft aber auch auf das beratungs- freie Wertpapiergeschäft ausgedehnt wer- den. Wenn der Anleger beispielsweise im Rahmen eines Telefonauftrags ein Produkt ohne vorherige persönliche Empfehlung auswählt, ist die Annahme von Provisionen in Zukunft untersagt. Zulässig bleiben auch dort aber geringfügige nichtmonetäre Vorteile, sofern sie klar offengelegt werden. Das sind jene Vorteile, die entweder 100 Euro pro Jahr nicht überschreiten oder von einem solchen Umfang und einer solchen Art sind, dass sie keine Interessenkonflikte des Rechtsträgers verursachen könnten. Daneben plant der Gesetzgeber Ände- rungen bei der Qualitätsverbesserung: Bei der unabhängigen Anlageberatung sind derzeit geringfügige nichtmonetäre Vorteile zulässig, so sie qualitätsverbessernd sind. Bei der nicht unabhängigen Anlageberatung wiederum sind Zuwendungen von einer anderen Person als dem Kunden (etwa Bestandsprovisionen) ebenfalls nur zulässig, wenn sie qualitätsverbessernd sind. Wann dieses Kriterium erfüllt ist, ist allerdings Auslegungssache. Die EU-Kommission möchte daher für mehr Klarheit sorgen. In Zukunft ist nicht mehr zu prüfen, ob eine Zuwendung für eine Qualitätsverbesserung sorgt, der Berater muss vielmehr generell im besten Interesse des Kunden handeln. Das ist der Fall, wenn der Berater: a) die Beratung auf die Bewertung einer angemessenen Palette an Finanzprodukten stützt b) das kosteneffizienteste Finanzprodukt aus der Palette geeigneter Finanzprodukte empfiehlt und c) er mindestens ein Finanzprodukt ohne Merkmale anbietet, die für das Errei- chen der Anlageziele des Kunden nicht erforderlich sind und zusätzliche Kosten verursachen, sodass Kleinanlegern auch alternative und kostengünstigere Optionen angeboten werden, die sie in Betracht zie- hen können. Wie bisher sind Art und Höhe der Zah- lungen Dritter offenzulegen. Hiervon aus- genommen sind jedoch solche Zahlungen oder Vorteile, die für das Erbringen der Wertpapierdienstleistung erforderlich sind (etwa Verwahrungskosten, Abwicklungs- und Börsengebühren, aufsichtsrechtliche Abgaben oder Rechtsberatungsgebühren) Die von der EU-Kommission geplante Retail Investment Strategy (RIS) könnte massive Auswirkungen auf den Vertrieb mit sich bringen. Durch die RIS sollen verschiedene Regelungen geändert und verein- heitlicht werden. STEUER & RECHT Bezeichnungsschutz 268 fondsprofessionell.at 3/2023 FOTO: © FINECKI | STOCK.ADOBE.COM

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=