FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2023
rund zehn Prozent der Europäer dürften im Jahr 2025 reine Offlinebankingkunden sein, so die Schätzung der zeb-Experten. Vor Corona waren es wahrscheinlich noch 35 bis 40 Prozent. Andererseits betrachten die zeb-Experten den Trend kritisch. Ban- ken sollten die schwindende Kundenfre- quenz nicht als Beweis dafür werten, dass wichtige Standorte obsolet sind. Vielmehr sei das ein Signal, dass eine „erhebliche Kluft zwischen Kundenerwar- tungen und Filialangeboten“ besteht, heißt es in dem Stra- tegiepapier. Denn trotz rückläufiger Besucherzahlen braucht der weitaus größte Teil die Filiale nach wie vor. „Nur fünf bis zehn Prozent der Kunden erle- digen alles ohne Betreuer. Die große Mehrheit ist hin und wieder in der Bank“, betont Michaela Schneider, Partnerin bei zeb. Sie verweist auf die wichtige Außenwahrnehmung: Ein physisches Geschäftslokal erfülle am Ende ein Werte- und Markenversprechen. Selbst für Leute, die nicht hineingehen. „Allein beim Vorbeigehen wird mir die Sicherheit vermittelt, zu wissen, dass jemand vor Ort ist, wenn ich jemanden sehen will“, so Schneider. Bankenstandorte seien teuer, die Institute müssten weiter genau kalkulieren, in welcher Lage sich die Investition lohnt. Gleichzeitig sehe man international Pro- jekte, bei denen die Rechnung sehr bewusst für die Filiale ausgefallen ist. In Spanien hat die BBVA, die immer wieder mit Innovationen auffällt, in den großen Städten mehrere signifikante Flag- ship Stores errichtet, von denen jeder tau- sende Quadratmeter umfasst. „Solche Filia- len gehen über drei Stockwerke, sind hoch- wertigst ausgestattet, es gibt Bistros und riesige Aquarien. Die haben das Filialerleb- nis auf einen ganz neuen Level gehoben“, so Fischer. Auch in Österreich sehe man Institute, die mit Vollumbauten die Bank vom Cash- ins Beratungsgeschäft gehoben haben. Gesamtheitlich betrachtet gebe es aber einiges zu tun. „Es sind teils sehr viele Jahre aufzuholen. Wir reden von 15 bis 25 Jah- ren, wo Filialen oft nicht grunderneuert wurden. Da wurde die Aufmachung ver- bessert, aber der Aufbau ist vielfach noch so, wie es früher war“, so Fischer. Was Kun- den heute suchen, sind offene, definierte Beratungszonen, das Kassen- geschäft weicht weiter zurück. Von großen Stores könne man einiges lernen. „Man darf aber eines nicht vergessen. Banking ist noch immer ein seriöses Business.“ Ob eine Kaffeehaus- atmosphäre passt, hänge von der Kundengruppe ab. Und es geht nicht nur um die Kunden. Am Ende erleich- tern moderne Filialen auch den Mitarbeitern die Arbeit. Ein zukunftsfähiges Konzept schließe die digitale Ausstat- tung und die Schulung des Personals mit ein, so Fischer. EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP Michaela Schneider, Partnerin bei zeb in Wien: „Allein beim Vorbeigehen wird mir die Sicherheit vermittelt, zu wissen, dass jemand vor Ort ist.“ Christoph Fischer, zeb: „Es sind teils sehr viele Jahre aufzuholen. Wir reden da von 15 bis 25 Jahren, wo Filialen oft nicht grunderneuert wurden.“ Österreichs Filiallandschaft Zahl der physischen Standorte stark gesunken In den vergangenen zwei Jahrzehnten ging die Zahl der Bankstellen stark zurück. Der verbliebene Rest muss moderner werden. Quelle:OeNBStatistik 0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 2020 2015 2010 2005 2000 Hauptanstalten Zweiganstalten 923 4.556 493 3.297 » Die große Mehrheit ist hin und wieder in der Bank. « Michaela Schneider, zeb fondsprofessionell.at 3/2023 261 FOTO: © MORSEY & STEPHAN GMBH | ZEB (2)
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