FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2023
An der Kassa vorbei Die Banken wollen ihre Kunden wieder in die Filiale holen . Keine leichte Aufgabe. Denn jahrzehntelang wurde wenig investiert in die stationäre Bank. Beispiele zeigen, wie Atmosphäre gelingt. D er Bankensektor durchlebte in den vergangenen Jahren eine teure Digita- lisierungswelle. Kunden können heute ihre Finanzen über zuverlässig funktionierende und einfach zu bedienende Applikationen am Mobiltelefon abwickeln. Das Smart- phone scannt selbst Zahlscheine in Sekun- denschnelle, erstellt Überweisungsaufträge und ermöglicht auch das Management von Wertpapierdepots, wobei die verfüg- bare Informationsqualität früher unvorstell- bar gewesen wäre. Passiert ist dies jedoch zulasten der „Filiale“. Während die Online- banking-Auftritte in den trendigsten Far- ben leuchten, gelangt man in die Haus- bank oft über ein nichtssagendes Automa- tenfoyer, um dann nach althergebrachtem Prinzip als Erstes am Kassenschalter zu lan- den. „Viele Filialen sind bis heute auf das Transaktionsgeschäft ausgelegt. Inzwischen kommen die Kunden aber nicht mehr wegen Ein- und Auszahlungen, sondern zum Kreditgespräch oder zur Beratung“, so Christoph Fischer, Bankenexperte bei der Unternehmensberatung zeb. Er zählt zu einem Team, das in einem neuen Strategie- papier die Zukunft der Filiale hinterfragt hat. Die Kernaussage: Eine physische Re- präsentanz bleibt im Kanalmix trotz der Digitalisierung entscheidend. Aber deren Rolle werde sich „dramatisch ändern“. Dass das keine Übertreibung ist, zeigen internationale Beispiele wie das der ING in den Niederlanden. „Da gehst du hinein und merkst gar nicht, dass das eine Bank ist. Zuerst wirst du gefragt, ob du was trin- ken willst. Dann setzt sich jemand zu dir, plaudert über das Wetter, dann erst wird über die Finanzen geredet“, so Fischer. Na- türlich passe dieser lockere Ansatz nicht für jedes Kreditinstitut. Für die ING funktio- niere er aufgrund der jungen Zielgruppe. Und ganz offenbar investiert der Konzern viel, um die Jungen aus der digitalen Welt zurückzuholen: Die behagliche Filiale ist kein punktuelles Imageprojekt, sondern wird international in Serie umgesetzt. „Was jüngere Kunden nicht wollen, ist Intransparenz. Wenn ich von außen nicht sehe, was mich erwartet, gehe ich gar nicht rein. Und wenn ich drinnen zur Beratung in einen uneinsehbaren Raum geführt werde, ist das erst recht nicht verlockend“, so Fischer. Gerade junge Kunden bringen einen sehr hohen Erwartungslevel mit – zu ihrem Erfahrungsschatz gehören in der Regel die durchkomponierten Design- und Kommunikationsschemata à la Apple Store. „Da werde ich an der Tür begrüßt und zum richtigen Mitarbeiter für meine Anliegen geführt. Aktiv auf Kunden zuzu- gehen und das Gespräch zu suchen, das fehlt bei Banken oft“, so Fischer. Dass die Kreditinstitute in den vergange- nen Jahren Standorte geschlossen haben, ist auf der einen Seite verständlich.Wer online überweist, muss selten in die Bank – die Kundenfrequenz sinkt rapide: Nur noch » Wenn ich zur Beratung in einen uneinsehbaren Raum geführt werde, ist das nicht verlockend. « Christoph Fischer, zeb Was ist das? Hotel? Restaurant? Man würde nicht sofort auf eine Bank tippen. Innovative Kreditinstitute, hier die niederländische ING, erkennen wieder den Wert der Filiale und er- richten ihren Kunden Wohlfühloasen. BANK & FONDS Bankfiliale der Zukunft 260 fondsprofessionell.at 3/2023 FOTO: © MATTHIJS VAN ROON | HOFMANDUJARDIN | ING GROUP
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