FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2023

hier in Europa. Institutionelle Investoren er- halten damit die Möglichkeit, Kryptowäh- rungen in einem professionellen, sicheren Umfeld gut geschützt aufzubewahren. Ob Währungen wie Bitcoin das neue digitale Gold sind, darüber gibt es sicherlich unter- schiedliche Meinungen. Wir denken, dass ein gewisser Wert dahintersteht. Zum heu- tigen Zeitpunkt würden wir nicht propa- gieren, dass sich Kleinsparer hier stark en- gagieren sollten. Dafür ist die Kursentwick- lung noch zu schwankungsanfällig. Bitcoin, Ether und Co. fußen ja auf der Blockchain. Kann die Fondsbranche diese Technologie auch nutzen? Hier werden wir definitiv viel Innovation erleben. Viele Akteure arbeiten an Lösun- gen. Wir selbst sind dabei, in unserem Haus solche Systeme zu integrieren. Zu- nächst glaube ich aber, dass für eine gewis- se Zeit beide Welten, die traditionelle und die digitale, parallel existieren werden. Warum? Mit der UCITS-Struktur hat Europa eine unglaubliche Erfolgsgeschichte geschaffen. Dieses Qualitätsprodukt ist einer der erfolg- reichsten Exporte der Finanzwelt: UCITS werden auch in Südamerika und Asien ver- marktet. Doch trotz aller Erfolge ist der europäische Publikumsfonds etwas auf- wändig. Es handelt sich um eigenständige rechtliche Einheiten mit einem Aufsichts- rat. Man benötigt eine operative Plattform, eine Verwahrstelle und Handelsplattfor- men. Über allem stehen die Regulatoren mit all den Vorgaben. Dieses Modell hat sich bewährt und ist unglaublich stabil. Doch es stellt sich schon die Frage, ob sich diese Strukturen nicht einfacher und güns- tiger über die Blockchain etablieren ließen. Da muss die Aufsicht mitspielen. Ja, der Regulator muss klare Vorgaben erteilen. Der Austausch darüber ist sehr intensiv. Es ist nur noch nicht spruchreif. Fonds auf der Blockchain – würde das auch den Vertrieb umkrempeln? Der Finanzvertrieb in Europa lebt überwie- gend noch von Provisionen. Es wäre viel schwieriger, wenn nicht gar unmöglich, tokenisierte, transparente Produkte in her- kömmlichen Strukturen zu verkaufen. Denn die Banken und anderen Vertriebe beanspruchen natürlich für ihre Dienstleis- tung, die Beratung, einen gewissen Anteil der Erträge. Sie sagten, dass verschiedene Akteure an Blockchain-Lösungen arbeiten. Doch wenn jeder an seinemeigenen Modell tüftelt, gibt es keine branchenweite Lösung. Braucht es nicht einen einheitlichen Standard? Mein Großvater kaufte für viel Geld einen Videokassettenrecorder mit dem „Beta- max“-Format – und präsentierte ihn stolz der Familie. Kurz darauf setzte sich aber der „VHS“-Standard durch. In Europa ha- ben wir heute jedoch in der Finanzindus- trie Strukturen etabliert, in denen solche Fragen diskutiert werden können. Dafür braucht es jedoch Zeit – wie immer, wenn man in neue Technologien vorstößt. Der europäische Publikumsfonds hat sich durchgesetzt, weil er verstanden wird. Wenn jedoch etwas verkauft wird, was die Menschen nicht verstehen, kommt es irgendwann zu Enttäuschungen. Ein Haus wie wir mit einer gewissen Reputation und einer großen Kundenbasis muss mit dem Gut des Vertrauens sorgsam umgehen. Vielen Dank für das Gespräch. SEBASTIAN ERTINGER FP KURZ-VITA: Christian Staub Der Absolvent der Universität Harvard begann seine Karriere 1996 bei der Schweizer Großbank UBS in Asien. Nach Stationen bei Pimco und Blackrock wechselte Staub 2018 zu Fidelity International. Dort leitet er den Vertrieb in Kontinentaleuropa und verantwortet die weltweite Entwicklung des Geschäfts mit institutionellen Kunden. » Wenn etwas verkauft wird, was die Menschen nicht verstehen, kommt es irgendwann zu Enttäuschungen. « Christian Staub, Fidelity International FOTO: © HELEN REE fondsprofessionell.at 3/2023 215

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