FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2023

Der Kurseinbruch an den Börsen ließ die Einnahmen der Fonds- anbieter erodieren. Die Inflation treibe zusätzlich die Kosten hoch, meint Christian Staub , Europavertriebschef von Fidelity International . Das ziehe Folgen für die Branche nach sich. A ls Verantwortlicher für den Vertrieb in Kontinentaleuropa bei Fidelity International war Christian Staub vor der Corona-Pandemie stets auf Achse. Zwar geht der frühere Blackrock-Regionenchef nun wieder auf Reisen, doch nicht mehr ganz so häufig. Er will auch seinen CO 2 - Fußabdruck senken. Im Interview berichtet Staub, wie sein Haus und die Fondsbran- che mit den Folgen des Kursverfalls 2022 und der Inflation zurechtkommen. Herr Staub, die Fondsbranche freute sich in den vergangenen Jahren über ein stetiges Wachstum. Bereiten Inflation und Zinswen- de dem ein Ende? Christian Staub: Dafür ist ein Blick auf das makroökonomische Umfeld nötig. Denn dieses zeigt die Richtung an, in die sich die Finanzindustrie bewegt. Dieses Bild fällt gerade sehr verwirrend aus, auch für uns Profis.Wir stecken in einem Spannungsfeld zwischen Widerstandsfähigkeit und Fragili- tät. Die für dieses Jahr vorhergesagte globa- le Rezession scheint sich zunächst immer weiter hinauszuschieben.Die Arbeitsmarkt- daten in den USA sehen vielversprechend aus. Auch in Europa rangieren sie unter dem historischen Mittel. Der Arbeitsmarkt zeigt noch keine rezessiven Tendenzen. Die Produktion geht zwar zurück, rutscht aber noch nicht in den rezessiven Bereich. In Deutschland zeichnen manche gerade ein düsteres Bild der Wirtschaftslage. In Deutschland ringen wir mit einer tech- nischen Rezession. Die Zahlen rangieren aber noch im Bereich des Vertretbaren. Alles in allem zeigt sich bei den Unter- nehmen eine enorme Resilienz, die sich an den Aktienmärkten widerspiegelt. Wo zeigt sich die Zerbrechlichkeit, die Sie erwähnten? Die Zinsen kletterten in den vergangenen Monaten zügig. Aus Erfahrung wissen wir, dass diese Anstiege zwölf, vielleicht auch 18 Monate benötigen, bis sie im Wirtschafts- systemwirklich zum Tragen kommen. Die Firmen verschulden sich nicht jeden Monat im großen Stil neu, sondern nur wenn etwa der Bau einer Fabrik ansteht. Der Häuslebauer errichtet nicht jedes Jahr ein neues Gebäude, der Konsument kauft nicht alle paar Monate ein neues Auto. Es vergeht Zeit, bis die höhere Zinsstruktur durch die Volkswirtschaft sickert. Privat- konsumenten und Unternehmen müssen die hohen Zinsen schultern. Das führt zu einer Fragilität. Diese kristallisiert sich jedoch erst langsam heraus? Nach der Corona-Pandemie strömte un- glaublich viel Liquidität durch das Wirt- schaftssystem.Die Sparquote war hoch.Die enormen Rücklagen zögerten den Kon- sumeinbruch bislang hinaus. Demgegen- über waren wir in manchen Bereichen bis an die Grenzen des Machbaren vorgedrun- gen, etwa bei den globalen Lieferketten. Wenn nun die Unternehmen künftig ihre Produktionsstätten nach Europa und in die USA zurückholen, dann kostet das Res- sourcen und steigert zunächst einmal nicht die Produktivität.Das wird sich auch in der Wirtschaftsleistung bemerkbar machen. » Jeder Autobauer, jeder Bäcker, jedes Restaurant um die Ecke schafft es, die Preise zu erhöhen. « Christian Staub, Fidelity International „Entweder man ist Spezialist oder Supermarkt “ VERTRIEB & PRAXIS Christian Staub | Fidelity International 212 fondsprofessionell.at 3/2023

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