FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2023

Sicher ist, dass wir nur ein fertiges Projekt mit einer bestimmten Vermietungsleistung kaufen. Ob und wann wir wieder Projekt- entwicklungen machen, ist unklar. Derzeit ist der Markt aus unserer Sicht zu volatil, weil man nicht weiß, wie die Vermietungs- perspektiven in drei Jahren aussehen, wenn das Projekt fertig ist. Im Wohnungsmarkt wird generell immer wegen der „Wohnungsknappheit“ mit einer Vollvermietung gerechnet. Die entschei- dende Frage ist also nicht, ob genügend Nachfrage besteht, sondern zu welchem Preis Wohnungen noch vermietet werden können. Die Diskussion über das leistbare Wohnen gibt es seit zehn Jahren. Aber was ist darun- ter zu verstehen? In rund 37 Prozent der Wohnungen in unserem Portfolio beträgt die Miete weniger als acht Euro, und damit erwirtschaften wir Erträge. Auch wenn jemand sagt, dass das nicht leistbar ist, stellt diese Miete im Marktvergleich „leistbares Wohnen“ dar. Das Thema ist: Passen die Mieterwartungen bei einem Objekt, das man kauft? Wir wissen genau, zu welchem Mietpreis wir im jeweiligen Umfeld ver- mieten können, und wir kennen die Gren- zen, ab wann sich die Leute die Miete nicht mehr leisten können. Wir bewegen uns nicht im oberen Mietbereich, sondern auf einem Niveau, das die Leute zahlen können und bei dem wir die Indexierun- gen durchsetzen können. Das klingt so, als gäbe es keinerlei Pro- bleme mit den steigenden Wohnkosten. Das erscheint uns unrealistisch. Es gibt natürlich immer Mieter, die sich schwerer tun, aber in Summe werden die Mieten gezahlt. Wir schauen uns das monatlich sehr genau an und versuchen, künftige Entwicklungen abzuschätzen. Bei unserem Neubauprojekt „Loryhof“ im 11. Bezirk in Wien, das im Februar 2023 in die Vermietung gegangen ist, haben wir derzeit eine Mietquote von 74 Prozent. Hier beträgt die Miete inklusive Betriebskosten im Durchschnitt 13,50 Euro. Das ist ein Niveau, das noch marktfähig ist. Wir wissen aber auch, dass eine höhere Miete nicht so einfach durchsetzbar wäre, obwohl die Infrastruktur dort gut ist. Ein Problem in der Immobilienwirtschaft sind die hohen Grundstücks- und Baukos- ten. Kann man überhaupt noch leistbares Wohnen errichten? Lassen Sie mich es so sagen: Bei den kalkulatorischen Ansätzen, die bis vor eineinhalb Jahren verwendet wurden, wird derzeit niemand kaufen. Der Markt erwartet derzeit im Schnitt eine Rendite von viereinhalb Prozent, und die Frage ist, ob in diesem Umfeld zu diesen Preisen gebaut werden kann. Wir haben bis jetzt noch kein Projekt gesehen, auf das das zutrifft. Wie sehen Sie eigentlich den Grazer Wohnungsmarkt, in den Sie auch investiert haben? Es wurde sehr viel neu gebaut oder auch umgewidmet. Jetzt gibt es geteilte Meinungen. Die einen sagen: „Wir haben schon Überkapazitäten.“ Die anderen sagen: „Angebot und Nachfrage tarieren sich gerade aus.“ » Der Markt erwartet derzeit im Schnitt eine Rendite von viereinhalb Prozent. « Peter Czapek, BA Real Invest FOTO: © MARLENE FRÖHLICH fondsprofessionell.at 3/2023 141

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