FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2023

Kategorische Verwirrung Umstellungen bei großen Aktienindizes sorgten zuletzt für Kritik – vor allem an der Einteilung in Growth und Value. Ohnehin gehen viele Fondsmanager schon lange über strikte Kategorien hinaus. D er Nasdaq 100 Index gilt als Stim- mungsindikator für die Technologie- branche schlechthin. Ein starkes Auf und Ab ist bei Tech-Aktien nichts Ungewöhnli- ches, doch der steile Kursanstieg um mehr als 40 Prozent im ersten Halbjahr muss selbst dem Börsenbetreiber Nasdaq un- heimlich geworden sein. Die sechs größten Werte – Microsoft, Apple, Alphabet, Ama- zon, Nvidia und Meta – trieben den Index fast im Alleingang. Parallel dazu stieg ihr Indexanteil. Das wiederum brachte insbe- sondere ETFs in regulatorische Bedrängnis, denn die US-Börsenaufsicht beschränkt das zulässige Gesamtgewicht von Aktien mit mehr als fünf Prozent Indexanteil auf insgesamt 50 Prozent. Daher sah sich die Nasdaq gezwungen, im Juli die Anteile der großen Tech-Firmen zu kappen. Es ist nicht die erste spektakuläre Index- umstellung der vergangenen Monate. Die größten Verschiebungen gab es dabei zwi- schen den Value- und Growth-Segmenten globaler Indizes. So wirbelte bereits Ende 2022 die jährliche Revision des S&P 500 die Value- und Growth-Kategorien des wichtigsten US-Aktienbarometers durch- einander. Von einem Tag auf den anderen wanderte etwa der Facebook-Mutter- konzern Meta komplett vom Growth- ins Value-Segment, während traditionelle Va- lue-Titel aus dem Energiesektor ins Wachs- tumssegment wechselten. Weitere Index- anbieter folgten mit mehr oder weniger ausgeprägten Umschichtungen. Wenn sol- che Umgruppierungen Aktien mit großem Indexgewicht betreffen, beeinflusst das un- mittelbar benchmarknahe Fonds und vor allem passive ETFs, deren Bezugsindex sich ändert. Darüber hinaus schmälert die hohe Umschlagshäufigkeit aber auch den Nut- zen der Grenzziehung für aktive Manager. Spektakuläre Wechsel Seit Jahrzehnten bilden Value und Growth – Substanz und Wachstum – die Grundlage sich ursprünglich diametral ent- gegenstehender Börsenphilosophien. Be- reits Mitte des vorigen Jahrhunderts suchte Benjamin Graham nach günstigen Aktien mit hohem Abschlag zum Firmenwert. In dieser Tradition prägte der junge Warren Buffett das Diktum „Kaufe einen Dollar, aber bezahle nicht mehr als 50 Cent“ als Maxime des klassischen Deep-Value-An- satzes. ImGegensatz dazu suchten Growth- Investoren wie Thomas Rowe Price jr. die Unternehmen mit den besten Wachstums- aussichten. Für sie steht das zukünftige Ge- winnwachstum an erster Stelle, Bewertun- gen sind zweitrangig. Ihr Fokus liegt meist auf Technologiefirmen und jungen Unter- nehmen ohne lange Gewinn- und Umsatz- historie. Doch beide Ansätze haben sich zumindest zum Teil aufeinander zubewegt: Während Growth-Investoren heute auch Bewertungen miteinbeziehen, zählt für » Die klassische Eintei- lung von Anlagen ist unter Umständen nicht mehr optimal geeignet. « Simona Gambarini, Goldman Sachs Asset Management Ohne Indizes geht kaum etwas in der Finanzwelt, sie bieten Orientierung und dienen als Vergleichsmaßstab. Doch was, wenn dieser Kompass regelmäßig nicht nur nachjustiert, sondern völlig neu ausgerichtet wird? MARKT & STRATEGIE Indizes 100 fondsprofessionell.at 3/2023 FOTO: © VERTEX SPACE | STOCK.ADOBE.COM | GENERIERT MIT KI

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