FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2023

fast 15 Jahren mit nachhaltigem Investie- ren. Schon damals reifte die Idee, dass die Umsetzung einer Kombination aus Value- Investing und Nachhaltigkeit unseren Fonds langfristig überdurchschnittliche Anlageergebnisse bringen müsste. Wir sehen darin auch heute noch eine Art Alleinstellungsmerkmal unserer Gesell- schaft.Nur gab es damals noch keine wirk- lich grundlegenden Maßstäbe dafür, was eigentlich unter Sustainable Investment zu verstehen ist. Kölsch: In dieser Hinsicht sind wir aber doch inzwischen um einige Schritte weiter. Leber: Da stimme ich Ihnen zwar zu, aber nur in einem gewissen Maß. Die Politik hat zwar mit dem Green Deal dafür ge- sorgt, dass der Aspekt Nachhaltigkeit zu einer Art Hauptbeschäftigung für die gesamte Finanzbranche geworden ist. Aber außer einigen regulatorischen Eckpfeilern, wie etwa der Taxonomie- oder der O en- legungsverordnung, fehlt es doch nach wie vor an allgemein anerkannten Standards. Wenn wir ehrlich sind, so haben wir es doch immer noch mit einer Vielzahl von divergierenden Meinungen zu dem The- menkomplex zu tun. Und das nicht nur auf Seiten von uns Anbietern, sondern auch im Verständnis unserer Kunden. Heuser: Wie gehen Sie damit um? Leber: Im Rückblick war es wahrscheinlich sogar von Vorteil, dass wir am Anfang ziemlich allein auf weiter Flur gestanden sind. Denn die Tatsache, dass auch wir ursprünglich keine Leitlinien hatten, brach- te uns auf die Idee, unsere Kunden zu fragen, was ihnen in Bezug auf den Aspekt Nachhaltigkeit wirklich wichtig erscheint. Wir haben 6.000 unserer Anleger ange- sprochen und immerhin 400 Rückmeldun- gen erhalten. Daraus sind im Kern unsere heutigen ESG-Kriterien hervorgegangen. Kölsch: Die imWesentlichen wie aussehen? Leber: Auf Basis der Befragungsergebnisse haben wir insgesamt 54 Nachhaltigkeits- kriterien festgelegt, die von unseren Inves- toren als „sehr wichtig“ beurteilt wurden. Von der Mehrheit der Befragten wurden zudem bestimmte Ausschlusskriterien von Gesellschaften aus bestimmten Branchen festgelegt, wie man sie zum Teil inzwischen auch bei anderen Häusern ndet. Stich- worte in diesemZusammenhang sind Kin- derarbeit, fossile Brennsto e, Atomenergie oder auch Rüstungsgüter und Wa en. Zu- dem sollen Unternehmen, die die Anfor- derungen verletzen, nur dann im Portfolio gehalten werden, wenn ihr aufaddierter Anteil zehn Prozent am Fondsvermögen nicht übersteigt,was oft auch als „Schmutz- quote“ bezeichnet wird. Hundert Prozent des Fondsvermögens entsprechen jedoch dem sogenannten Verbändekonzept des BVI, was so etwas wie die Mindestsprung- höhe in puncto Nachhaltigkeit darstellt und eine gute Ausgangsbasis für ein Nach- haltigkeitskonzept ist. Das ist sehr stark zusammengefasst die Basis für unsere nach Artikel 8 der O enlegungsverordnung auf- gelegten Fonds. Bei Fonds nach Artikel 9 gehen wir noch erheblich weiter. Heuser: In welcher Form? Leber: Die meisten der von uns angebote- nen Produkte entsprechen den Anforde- rungen des erwähnten Artikel 8. Bei den mit dem Namenszusatz Fair Value auf- gelegten Fonds nach Artikel 9 werden die besonders positiven Unternehmen heraus- ge ltert, die Umsätze mit Produkten oder Dienstleistungen generieren, die einen Bei- trag zur Erreichung der von den Vereinten Nationen formulierten 17 Sustainable De- velopment Goals (SDGs), sprich: zu den nachhaltigen Entwicklungszielen, leisten. Kölsch: Auf welche Daten greifen Sie denn zu, was die Ermittlung eines entsprechen- den Nachhaltigkeits-Scores eines Unter- nehmens angeht? » In der Kombination aus Value-Investing und Nachhaltigkeit sehen wir eine Art Alleinstellungs- merkmal unserer Gesellschaft. « Hendrik Leber, Acatis Investment MARKT & STRATEGIE Nachhaltig nachgefragt | Hendrik Leber | Acatis 72 fondsprofessionell.at 2/2023 FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH NACHHALTIG NACHGEFRAGT

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