FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2023
Ein Mann mit vielen Gaben Fast ein Jahr nach der Pleite von Golending laufen die Investoren dem letzten Rest ihres Geldes nach, das – wie sich immer deutlicher zeigt – unter zweifelhaften Umständen vergeben wurde. V or knapp einem Jahr meldete das Pfandleihmodell Golending Insol- venz an. Gläubiger mehrerer ab 2015 ver- gebener Nachrangdarlehen sowie einer Anleihe in Höhe von 2,6 Millionen Euro sitzen gemeinsam auf einem Schaden von rund 28 Millionen Euro. Vom Unterneh- men werden sie (fast) kein Geld zurück- bekommen. Denn während Golending bis zuletzt seine Liquidität betonte, war es in Wahrheit mit den üssigen Mitteln nicht weit her. In der Masse sind nach aktuellem Stand nur gut 300.000 Euro vorhanden – ein erschreckend geringer Betrag angesichts der Gläubigerforderungen. Auch die Unter- nehmensangaben zur Beleihungssituation decken sich nicht mit dem Bild, das die Aufarbeitung zeigt. Laut Anleihenkurato- rin Susi Pariasek waren von 7,5 Millionen Euro an o enen Forderungen zuletzt be- reits sechs Millionen uneinbringlich. Die Pfandleihkunden von Golending waren wenig potent; sie gehen der Reihe nach pleite. Die Durchsicht vieler Einzelposten in den Masseverwalterberichten fördert Erstaunliches zutage. So musste sich der Masseverwalter mit einer Person einigen, die nun von nicht einmal 1.300 Euro Pen- sion je 300 Euro monatlich abzweigt, um eine Schuld von knapp 190.000 Euro abzu- stottern. Eine komplette Rückzahlung ist hier genauso auszuschließen wie in vielen anderen Fällen. Eine korrekt durchgeführte Risikobewertung erscheint hier unwahr- scheinlich. Selbst einfache technische Aspekte des Pfandleihgeschäfts wurden nicht eingehalten. Wie der Masseverwalter in seinen Berichten klagt, übernahm Golending die belehnten Gegenstände oft gar nicht. Dies sei aber eine Voraussetzung dafür, dass Pfandverträge zustande kom- men. Die Masseverwalterberichte sind nicht ö entlich, liegen der Redaktion jedoch vor. In derartigen Pleitefällen stellt sich in der Nachbetrachtung stets die Frage, wie es so weit kommen konnte. Hört man Beteilig- ten zu, erfährt man von einem System, in dem es demUnternehmen gelang, bei Ver- triebspartnern und Geldgebern das Gefühl aufzubauen, an einem großen, werthaltigen Projekt mitzuwirken. Vermittler wurden dabei durch allerlei Zuwendungen moti- viert – von attraktiven Provisionen über Firmenreisen bis zur Weihnachtsfeier. Druckausübung Harmonisch war das Verhältnis demVer- nehmen nach allerdings nur zu Koopera- tionspartnern, die nicht auf verbindliche Erklärungen pochten. Im Gespräch mit Involvierten kommt immer derselbe Satz über Geschäftsführer Dirk M.: „Der hat diese Gabe.“ Gemeint sind rhetorische Fähigkeiten. „Wenn man ihn mit kritischen Fragen konfrontierte, konnte er Widersprü- che vollkommen logisch au ösen. Erst im Nachhinein sind wir dann draufgekom- » Er konnte Wider- sprüche vollkommen logisch auflösen. « Ehemalige Vertriebsperson, Golending Über das bereits länger umstrittene Pfandleihunternehmen Golending wurde im Juli 2022 die Insolvenz eröffnet. Die Aufarbeitung wirft viele Fragen auf. STEUER & RECHT Golending 254 fondsprofessionell.at 2/2023 FOTO: © M.DÖRR & M.FROMMHERZ | STOCK.ADOBE.COM
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