FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2023

„Produkt-Polizei“ Dem kursierenden Entwurf zufolge sollen die EU-Aufseher auch das Mandat erhalten, „Preis-Leistungs-Benchmarks“ als Maßstäbe für Kosten und Leistung zu scha en. Eine Abweichung von der je- weiligen Benchmark sollte die Vermutung aufkommen lassen, dass die Kosten und Gebühren zu hoch sind und das Produkt kein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. Martin Klein, geschäftsführender Vorstand des deutschen Votum-Verbands, wehrt sich gegen eine solche „Produkt-Polizei“. „Dies könnte einen europäischen Provisions- deckel bedeuten“, mahnt er. Erwähnt wird im Entwurf auch ein Ver- bot von Anreizen für reine Ausführungs- geschäfte, bei denen keine Beratung statt- ndet. Falls diese Regelung nur auf „Exe- cution only“-Geschäfte im engeren Sinn abzielt, bei denen der Vermittler oder die Bank weder eine Geeignetheits- noch eine Angemessenheitsprüfung vornimmt, wäre das für die meisten Marktteilnehmer un- problematisch, denn ein solches Geschäfts- modell verfolgen die wenigsten. Wäre aber auch die Anlagevermittlung betro en, bei der zwar auf eine Beratung verzichtet wird, es immerhin aber eine An- gemessenheitsprüfung gibt, hätte das enor- me Konsequenzen. Denn die Depotban- ken unterscheiden in der Regel nicht, wie ein Fondsanteil zu ihnen gelangt ist – ob über eine Anlageberatung, eine Finanzport- folioverwaltung oder eine reine Anlage- vermittlung. „Kommt daher ein Provisions- verbot für die Anlagevermittlung, hätte das ganz erhebliche praktische Probleme, weil Bestände nach verschiedenen Wertpapier- dienstleistungen abgegrenzt werden müss- ten“, erklärt der deutsche Rechtsanwalt Christian Waigel. „Für die Vergangenheit ist das wahrscheinlich gar nicht mehr mög- lich.“ Ein weiterer wichtiger Aspekt aus dem Entwurf für die „Kleinanlegerstrate- gie“: In drei Jahren soll evaluiert werden, ob die neuen Regeln den erwünschten Erfolg hatten. Falls nicht, wird ein mögliches Pro- visionsverbot wohl schnell wieder zum Thema. Vielleicht erscheint ein solcher Schritt der EU-Kommission dann nicht mehr als „zu disruptiv“– und der vermeint- liche Bettvorleger entpuppt sich plötzlich doch noch als Tiger. Verbot wird kommen Auch Dolzer warnt abschließend, davor, dass das Thema noch lang nicht vom Tisch ist. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass ein Provisionsverbot langfristig kommen wird, auch wenn bis dahin noch sehr viel Zeit vergehen wird. Wenn man mit Ver- antwortlichen aus Brüssel spricht, geht daraus hervor, dass wir eines Tages eines haben werden“, so Dolzer. BERND MIKOSCH | GEORG PANKL FP » Letztlich kommt es immer auf die Umsetzung an. « Hannes Dolzer, Waigel Rechtsanwälte Provisionsverbot für Versicherungsmakler? Vermittlerverbände warnen vor einem möglichen Provisionsverbot für Ver- sicherungsmakler im Geschäft mit Lebensversicherungen. Strittige Passage: Der Entwurf der „Kleinanlegerstrategie“ sieht diverse Änderungen der EU-Versicherungsvertriebsricht- linie IDD vor. Der Inhalt des geplanten Artikel 30 Absatz 8 lautet in der Übersetzung des Votum- Verbands so: „Die Mitgliedsstaaten schreiben vor, dass der Versicherungsvermittler, wenn er den Kunden darüber informiert, dass die Beratung auf unabhängiger Basis erfolgt, Folgendes tun muss: 1. eine hinreichend große Zahl von auf demMarkt verfügbaren Versicherungsprodukten bewerten, die hinsichtlich ihrer Art und ihrer Produktanbieter hinreichend diver- sifiziert sind, (…) 2. keine Gebühren, Provisionen oder andere monetäre oder nichtmonetäre Vorteile annehmen und einbehalten, die von einem Dritten oder einer Per- son, die im Namen eines Dritten handelt, im Zu- sammenhang mit der Erbringung der Dienstleis- tung für Kunden gezahlt oder gewährt werden.“ Sachwalterurteil: Der deutsche Votum-Ver- band weist darauf hin, dass Versicherungsmakler in Deutschland nicht erst seit dem Sachwalter- urteil des Bundesgerichtshofs gegenüber Kunden zur unabhängigen Vermittlung verpflichtet sind. „Sollte diese Regelung daher unverändert umge- setzt werden, könnten Makler für Vermittlungs- leistungen in der Sparte Leben keine Provision mehr entgegennehmen“, mahnt der geschäfts- führende Votum-Vorstand Martin Klein. Umsetzung: Ob diese Passage aus dem Entwurf so in die endgültige Fassung der Klein- anlegerstrategie Eingang finden wird, bleibt abzuwarten. Ihren offiziellen Vorschlag wollte die EU-Kommission am 24. Mai vorstellen, nach Re- daktionsschluss dieser Ausgabe. Danach müssen noch das Europaparlament und die Mitglieds- staaten zustimmen. fondsprofessionell.at 2/2023 253 FOTO: © SIGRID AICHER

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=