FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2023

(siehe Gra k unten): In Österreich sind nur gut 54 Prozent der 55- bis 64-Jährigen erwerbstätig. Hört ein Personalverantwort- licher heraus, dass sich ein 55-Jähriger in fünf Jahren eigentlich nicht mehr arbeiten sieht, dann sollte man aktiv werden, so Schobesberger. In der Realität hingegen sei ein reibungsloser Übergang meist Wunsch- denken. „Oft ist man in den letzten zwei Jahren nicht mehr ideal eingesetzt“, so Schobesberger. Was Mitarbeiter wollen Doch was ist Mitarbeitern, die die Pen- sion vor Augen haben, eigentlich wichtig? „In vielen Fällen denken ältere Arbeitneh- mer schon länger daran, dass sie sehr große Lasten übertragen möchten. Gleichzeitig haben sie oft konkrete Ideen, wo sie etwas beitragen können“, erzählt Schobesberger aus ihren Coaching-Gesprächen mit Be- tro enen. Hier zahle es sich für „Persona- ler“ aus, nachzufragen. Personen, die lang im Unternehmen sind, wissen zum Beispiel, wo Ine zienzen liegen und wo man Prozesse stra en kann. Oder sie sind ausgewiesene Experten für Spe- zialprojekte, bei denen Erfah- rung nötig ist. Am wichtigsten sei den Arbeitnehmern, dass ein konkret benennbares Paket mit einer Aufgabenabgrenzung und dem genauen Pensions- zeitpunkt vereinbart wird. „Sol- che Vereinbarungen können Zeitmodelle beinhalten.Das ist aber nur eine Komponente. Wichtiger ist die Frage: Was kannst du beitragen? Es geht sehr um Wertschätzung“, so Schobesberger. Ihre Coaching-Beratung läuft oft so ab, dass Geschäftsfüh- rung und Personalabteilung vorab den Rahmen klären. Dann geht es in Einzelgesprä- che. „Die laufen sehr diskret ab. Wir sprechen über Werte, und es geht um ein Bewusstmachen, was jemand beitragen kann.“ Aus diesen „urteilsfreien und ver- traulichen Gesprächen“ kann die Person dann gemeinsammit Schobesberger Punk- te herausgreifen, die den Vorgesetzten o - ziell als Wunsch übermittelt werden. Solche Aufträge erhält die Ex-Bankerin nicht nur aus der Finanzbranche, sondern auch von Industriebetrieben. Ein klar gere- gelter Abschied wichtiger Mitarbeiter sei „nicht mehr nur ein Nice-to-have“; beson- ders Unternehmen, für die Qualitätssiche- rung eine große Rolle spielt, brauchen einen regulierten Ablauf, so Schobesberger. Stellt sich die Frage, ob sich gutes Fade-out- Management tatsächlich an den Zahlen ablesen lässt. „Es ist sicher nicht alles quan- ti zierbar,“ so Schobesberger. Zum Beispiel könne man schlicht und einfach davon ausgehen, dass solche Maßnahmen das Be- triebsklima verbessern. Jeder kennt vermut- lich die Situation, dass Leute, die sich geistig schon verabschiedet haben oder sich nicht mehr gebraucht fühlen, auf die Stimmung drücken. Vieles manifestiere sich indes sehr wohl in Zahlen, „etwa, wenn es weniger Kran- kenstände gibt“, so die Expertin. Ein geleiteter Fade-out-Prozess könne auch in den heute so wichtigen ESG-Bericht aufge- nommen werden. In Sektoren mit Fachkräfte- mangel könne ein nachlässiger Umgang mit dem Thema be- sonders nachteilig sein. „Wenn man sich nicht kümmert, kann es sein, dass die Konkurrenz pro tiert“, so Schobesberger: „Häu g ist es ja so, dass sich die Pensionierung herum- spricht und man in solchen Branchen schnell einmal ge- fragt wird, ob man einspringen kann.“ EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP » Oft ist man in den letz- ten zwei Jahren nicht mehr ideal eingesetzt. « Beatrice Schobesberger, Coach Viele Ältere arbeiten nicht mehr Österreich liegt unter dem EU-Schnitt Zwar hat der Anteil der Beschäftigten über 55 in den vergangenen Jahren zugenommen, Österreich liegt jedoch unter dem EU-Durchschnitt. Quelle:Eurostat Griechenland Kroatien Slowenien Polen Belgien Frankreich Spanien Italien Österreich EU27* Portugal Tschechien Niederlande Dänemark Estland Deutschland Norwegen Schweiz Schweden Island Erwerbstätigenquoten für die Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen 81,2 % 77,7 % 73,0 % 72,8 % 72,7 % 72,5 % 71,3 % 69,7 % 66,7 % 60,4 % 59,1 % 54,5 % 54,3 % 53,8 % 53,2 % 52,1 % 49,5 % 48,6 % 43,9 % 43,2 % fondsprofessionell.at 2/2023 243 FOTO: © FLORIAN PARFUSS | BEATRICE SCHOBESBERGER