FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2023

liarden US-Dollar in weniger als 24 Stun- den – gigantisch. Nun muss man darüber nachdenken, wie man diesem Problem begegnet, etwa durch eine automatische Sicherung der Einlagen oder durch Regeln, die das rasche Abziehen von Geldern ver- hindern. Hier gibt es viele Möglichkeiten. Vor allem bei den Regionalbanken wird sich die US-Bankenaufsicht wohl in Zukunft genauer ansehen müssen, ob alle Kennziffern und das Geschäftsmodell passen. Hier hat Europa einen Vorteil, da bei uns alle Banken, egal wie groß sie sind, den Basel-Regeln unterworfen sind. Die EZBmuss sich derzeit oftmals denVor- wurf gefallen lassen, dass sie zu spät mit Zinserhöhungen auf die steigende Inflation reagiert hat.Wie sehen Sie diesenVorwurf? Es ist wahr, dass die In$ationsentwicklung unterschätzt wurde. Nachdem wir jahre- lang verzweifelt versucht haben, aus dem de$ationären Bereich von weit unter zwei Prozent herauszukommen, war die In$a- tion, als sie dann – natürlich nicht in der jetzigen Höhe – da war, ja eigentlich etwas, das wir immer gewollt haben. Meine per- sönliche Interpretation ist, dass man die In$ation anfangs vor allem mit Lieferket- tenproblemen verbunden hat.Damals ging man davon aus, dass diese nur vorüber- gehend bestehen bleiben werden. Dabei wurde allerdings übersehen, dass es dahin- ter bereits eine breitere In$ationsentwick- lung gab. Diese entstand 2021, da es in China eine große Nachfrage nach Gas gab. Dies lag zum einen daran, dass es in China ein starkes Wirtschaftswachstum gab, und zum anderen daran, dass dort massiv von Kohle auf Gas umgestiegen wurde. Beides zusammen hat einen Nachfrageschock aus- gelöst, der die In$ationsraten für Gas und in der Folge auch für Öl sehr stark erhöht hat. Und diese Entwicklung hat man in Europa meiner Meinung nach verschlafen. Zusätzlich sah man bereits 2021, dass man im Bereich der Nahrungsmittelproduktion in Europa Probleme hat, bedingt durch Ernteausfälle, schlechtes Wetter etc. Und wenn eine In$ationsdynamik einmal da ist, dann ist sie sehr schwer wieder in den Griff zu bekommen. Vor allem die Erhöhung der Energiepreise hat schließlich einen sehr breiten Effekt auf die gesamte Ökonomie. Man muss aber auch festhalten, dass Maßnahmen gesetzt wurden: So hat man Ende 2021 bereits begonnen, TLTRO abzu- bauen, und 2022 wurde festgelegt, dass mit APP aufgehört wird und die Zinsen er- höht werden. Als die In$ation dann schließlich schnell gestiegen ist, hat man auch einen sehr raschen Anstieg der Zin- sen vorgenommen in einer Art und Weise, wie das seit Bestehen der EZB noch nicht getan wurde. Hätte ein früheres Anheben der Zinsen aus Ihrer Sicht Wesentliches bewirkt? Ein klares Jein. Europa ist natürlich wichtig, aber europäische Geldpolitik wird noch immer in einem starken Ausmaß von den USA beein$usst. In den USA wurde zwar früher mit Zinsanhebungen begonnen, die In$ation stieg dort aber auch früher. Aller- dings war die USA nicht in diesem Aus- maß von der Lieferkettenproblematik und der Preisentwicklung in Asien betroffen. Die Biden-Regierung hat zudem große staatliche Investitionsprogramme gestartet. Eine deutlich frühere Zinsanhebung in Europa hätte die makroökonomischen Auswirkungen nicht verhindert, vielleicht hätten wir sie etwas abschwächen können. Ein wesentlich früheres Handeln hätte das Ergebnis aus meiner Sicht nicht wesentlich verändert. Wie muss man sich den Entscheidungs- prozess innerhalb des EZB-Rates vorstel- len? Die unterschiedlichen Länder haben ja durchaus verschiedene Vorstellungen – hier zu einem Ergebnis zu kommen dürfte keine einfache Aufgabe sein … Natürlich hat es Ein$uss, aus welchem Land ein EZB-Ratsmitglied kommt. Es ist ganz klar, dass etwa die südlichen Länder » Es ist wahr, dass die Inflationsentwicklung unterschätzt wurde. « Prof. Robert Holzmann, OeNB FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN VERTRIEB & PRAXIS Robert Holzmann | OeNB 238 fondsprofessionell.at 2/2023

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