FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2023
tauscht die Deutsche Börse die Aktien des Übernahmekandidaten gegen die – mit einer separaten Wertpapierkennnummer gekennzeichneten – angedienten Aktien erst aus, wenn die Schwelle von 50 Prozent überschritten ist. „Wurden die erforderlichen Annahme- schwellen erreicht, können häu g auch Indexfonds ihre Aktien im Rahmen der zweiten Frist andienen“, führt Schmidbauer aus. „Wie hoch die Quoten jeweils liegen, richtet sich nach den Richtlinien des Index“, sagt der Jurist. „Im Einzelfall unter- scheiden sich die Bedingungen, was Über- nahmeverfahren komplizierter macht.“ Er- langt ein Bieter also bereits zur ersten Frist nicht genug Aktien, bleiben auch die von Indexfonds gehaltenen Titel aus – und die Transaktion droht insgesamt zu scheitern. Unüberwindliches Hindernis Neben den von den Indexbauern gesetz- ten Quoten rufen die Käufer zudem eigene Schwellen aus, die sie für eine erfolgreiche Übernahme anstreben. Immerhin wollen die Bieter ja eine Kontrollmehrheit erlan- gen. So galt eine Annahmequote von 75 Prozent als üblich. In Deutschland etwa ermöglicht diese Schwelle den Abschluss sogenannter Beherrschungs- und Gewinn- abführungsverträge. Angesichts der wachsenden Bedeutung von Indexinvestoren entpuppen sich solche Schwellen jedoch immer häu ger als un- überwindliches Hindernis. Das Problem lässt sich auch nicht mit Geld lösen – anders als im Fall aktivistischer Investoren. Denn die Indexfolger dürfen das Angebot selbst dann nicht an- nehmen, wenn es den aktuellen Börsenkurs übersteigt und damit wirtschaftlich attraktiv ist. „Die Anlagebedingungen verp ichten die Fonds zur Abbildung eines Index und nicht dazu, einen möglichst hohen Gewinn zu er- zielen“, erläutert CMS-Experte Schmidbau- er. So rutschen ETFs in die Rolle des Brem- sers, obwohl sie Übernahmen oder Fusio- nen eigentlich gar nicht blockieren wollen. Doch es gibt Auswege. „Das Dilemma der Indexfonds ist lösbar“, meint Schmid- bauer. Bieter können schlicht die Mindest- annahmeschwellen heruntersetzen. So senkten die Finanzinvestoren Bain und Cinven noch während des ersten Anlaufs für den Stada-Erwerb die Quote auf 67,5 Prozent. Beim zweiten Versuch ersuchten sie gar nur um eine Zustimmung von 63 Prozent, die sie letztendlich erhielten. „Nunmehr läuft es häu g auf eine Quote von 50 Prozent heraus“, sagt der Anwalt. „Einzelne Stimmen empfehlen gar die Herabsetzung auf unter 50 Prozent.“ Fehlendes Interesse Einen weiteren Lösungsversuch stellen Annahmeverp ichtungen dar, die Index- fonds mit dem Bieter schließen. Dies ge- schah etwa im Fall der Fusion von Linde und Praxair. „Dieses Modell konnte sich je- doch bislang nicht durchsetzen“, sagt Jurist Schmidbauer. „Aus Sicht der Indexfonds erscheint die Abgabe so einer Erklärung nicht interessant.“ Denn diese befreit ETFs letztlich nicht aus dem Dilemma, dass sie den Indexumbau abwarten müssen. Oben- drein riskieren sie, ihrem Barometer hinter- herzuhinken, falls der Aktienkurs über den Angebotspreis klettert, der den Annahme- verp ichtungen zugrunde liegt. Trotz solcher Auswege verändern passive Anleger das Umfeld. „Der Auf- stieg der Indexfonds erleichtert den Auftritt aktivistischer Investo- ren bei Übernahmeversuchen“, zeigt sich Schmidbauer über- zeugt. „Denn je größer der Ak- tienbesitz von Indexfonds ist, de- nen bei Übernahmeo erten ja die Hände gebunden sind, desto weniger Aktien müssen aktivisti- sche Investoren besitzen, um ih- re Forderungen vorantreiben zu können.“ So werden Bieter bei ihren O erten künftig sowohl den Anteilsbesitz von umtriebi- gen Hedgefonds als auch den von Indexfolgern einkalkulieren müssen. SEBASTIAN ERTINGER FP Passive Größe Anteil der Dax-Anleger nach Investmentstil in % An Benchmarks orientierte Investoren gewinnen ein immer größeres Gewicht. Quelle:Deutscher InvestorRelationsVerband&S&PGlobal |Whoowns theGermanDax?2022 Sonstige 11,6 % Value 33,1 % Growth 32,5 % Index 22,8 % » Der Aufstieg der Indexfonds erleichtert den Auftritt aktivisti- scher Investoren. « Dirk Schmidbauer, CMS fondsprofessionell.at 2/2023 225 FOTO: © JOACHIM WEBER | JOCAO LEVERKUSEN D
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