FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2023

im Boot, dieser bekommt aber nicht nur die Erträge, sondern trägt auch das Risiko mit und unterstützt uns natürlich. Diese Konstellation ist nicht so schlecht, und wir hatten ähnliche Situationen früher auch in anderen Ländern, wenn wir staatliche Ver- sicherungen übernommen haben. Die Altersvorsorge stellt einen wichtigen Teil Ihres Strategieprogramms dar. Wie unterscheiden sich hier die Märkte auf der Nachfrageseite? Wir sehen hier das typische Ost-West-Gefäl- le. In Österreich haben wir Versicherungs- ausgaben von durchschnittlich 2.000 Euro pro Kopf und Jahr, in Deutschland etwa 2.800 Euro. Also hat Österreich hier Nach- holbedarf.Geht man weiter nach Osten, lie- gen wir bei 700 Euro in Tschechien, 500 Euro in der Slowakei, in der Ukraine sind es 35 Euro. Da zeigt sich, wie viel Potenzial hier noch vorhanden ist. In den osteuropäi- schen Ländern ist aktuell noch die Sachver- sicherung das wichtigere Thema, die Le- bensversicherung kommt dann erst später. Gerade die Lebensversicherung hat in den vergangenen Jahren gelitten. Viele Gesell- schaften haben sich aus dem Geschäft zu- rückgezogen, die VIG-Töchter haben aber weiter an dem Produkt festgehalten. War das die richtige Entscheidung? Ich komme ja aus dem Bereich der Lebensversicherung, das Produkt war im- mer mein Steckenpferd. Als ich vor 40 Jah- ren in der Branche begonnen habe, wurde die Lebensversicherung sehr intensiv als attraktives Veranlagungsprodukt verkauft. Da gab es noch gute Renditen und eine steuerliche Absetzbarkeit. Das Volumen im Bereich der Einmalerläge betrug damals das Drei- bis Vierfache von heute. Die An- reize sind im Lauf der Zeit sukzessive zu- rückgegangen, und die Zinsentwicklung hat die Situation nicht verbessert. Fonds- polizzen konnten davon pro tieren, was auch gut ist. Allerdings haben wir gesehen, dass die klassische Lebensversicherung in den letzten Jahren weniger aus Rendite- überlegungen, sondern eher zur Absiche- rung gekauft wurde.Natürlich ist das Zins- thema wichtig, aber ich wurde schon vor zehn Jahren gefragt, ob die Lebensversiche- rung tot sei. Ich hab das damals nicht geglaubt und tue es auch heute nicht. Vor allem als Pensionsversicherung ist die klas- sische Lebensversicherung weiterhin un- schlagbar. Es ist das einzige Vorsorgeinstru- ment, das eine lebenslange Rente bietet. Bei unserer aktuell steigenden Lebenser- wartung ist diese Absicherung Goldes wert. Und wie sieht es imBereich der Deckungs- stöcke aus? Ab wann geben diese wieder höhere Renditen her? Natürlich ist es in Zeiten wie diesen eine Herausforderung, sinnvoll zu veranlagen. Wenn wir uns unsere Gewinnbeteiligun- gen ansehen, hatten wir im Branchenver- gleich trotz der Niedrigzinsphase und der volatilen Kapitalmärkte nicht so schlechte Renditen. In der VIG, der Wiener Städti- schen und der Donau, um die österreichi- schen Gesellschaften zu nennen, haben wir zudem sehr viele pro table Immobilienver- anlagungen. Auch wenn die Zinsen jetzt wieder steigen, wird es noch etwas dauern, bis es die Kunden bei den Lebensversiche- rungen spüren werden, wir können hier nicht so schnell reagieren wie die Banken. Im Jahr laufen bei uns zirka 15 Prozent des Deckungsstockvolumens ab. Wenn die Renditen nun wieder nach oben gehen, können wir dadurch reagieren und werden langfristig auch wieder eine deutlich bes- sere Verzinsung erzielen. Wo sehen Sie die größten Herausforderun- gen für die Versicherungswirtschaft in den kommenden Jahren? Da gibt es viele, im Moment sind es aus meiner Sicht der Arbeitsmarkt und der Mangel an Arbeitskräften. Auf der eine Seite kommen viel zu wenige junge Leute auf den Arbeitsmarkt, auf der anderen Sei- » Da zeigt sich, wie viel Potenzial in diesen Ländern noch vorhanden ist. « Elisabeth Stadler, Vienna Insurance Group FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN FONDS & VERSICHERUNG Elisabeth Stadler | Vienna Insurance Group 178 fondsprofessionell.at 2/2023

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