FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2023
sierungs- und Bereinigungsphase, heißt es im jüngsten Zinshausmarkt-Bericht von Otto Immobilien. Demzufolge sinken die Preise seit Herbst 2022 – in einigen Bezir- ken auch deutlich. „Über ganz Wien ist im Durchschnitt ein Minus von zehn Prozent zu beobachten“, berichtet Philipp Maisel, Teamleiter Zinshaus bei Otto Immobilien. Am stärksten sind die Mindestpreise im 2., 3., 10. und 20. Bezirk mit einemMinus von jeweils rund 15 Prozent gesunken. Für Wohnungen und Zinshäuser dürfte gleichermaßen gelten, was Immobilienma- nager und WKO-Funktionär Thomas Mal- loth bei einer Veranstaltung von Engel & Völkers kürzlich wie folgt zusammenfasste: „Der Wiener Immobilienmarkt entwickelt sich zunehmend zu einem Käufermarkt.“ Bauträger straucheln In Branchenkreisen ist zu hören, dass der Markt illiquide geworden ist, zumal die nanzierenden Banken inzwischen durch- greifen würden und auf die Einhaltung der Kredit-Covenants bestehen. Dadurch seien die NPL-Quoten in den Kreditabteilungen gestiegen. „ImWohnungsmarkt geht es vie- len Bauträgern nicht gut. Hier liegt vieles im Argen, und das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange“, berichtet ein Insider aus nächster Nähe. Peter Karl meint, dass nicht alle, aber einige Marktteilnehmer durchaus Probleme bekommen könnten, abhängig von ihrem Geschäftsmodell: „Besorgt muss sein, wer sich zu Höchstpreisen mit Grundstücken eingedeckt hat, um Wohnungseigentums- projekte zu errichten. Denn nicht nur die Nachfrage ist zusammengebrochen, auch die Produktionskosten sind nicht geringer geworden. Wenn nun auch noch ein Re - nanzierungserfordernis vor der Tür steht, kann man die Verunsicherung von einigen in der Branche gut verstehen.“ Unterdessen bestätigen Branchenkenner eine naheliegende Konsequenz der jüngs- ten Entwicklungen: Eigenkapitalstarke Investoren bringen sich in Stellung. „Wenn man gut aufgestellt ist, also Geduld und Liquidität hat, wird der Markt in den kom- menden Monaten viele Chancen bieten“, erzählt ein Insider, der sogar mit Notver- käufen gestresster Projektentwickler und Bauträger rechnet. Perspektiven 2023 Der deutsche Pfandbriefbanken-Verband erklärte neulich, dass der Immobilienmarkt wie jeder andere Markt auch Zyklen unter- worfen sei. In den nächsten Monaten würden die Preise in unterschiedlichem Ausmaß noch fallen. Das dürfte auch für Österreich gelten. Insbesondere der Woh- nungsmarkt ist ausgetrocknet, nachdem das Endkundengeschäft in den vergange- nen Wochen praktisch zum Erliegen kam. „Wenn die Preise nicht sinken, wird nichts verkauft“, fasst ein Kenner die aktuelle Situation zusammen. Die Zukunft ist freilich ungewiss. Das preisen die Käufer ein. Sie warten weiter ab, und professionelle Investoren fordern hohe Abschläge, damit sie unter allen Umstän- den einen positiven Cash ow erzielen. „Das wird anhalten, solange die Zinsen steigen“,meint Finanzierungsexperte Kirch- mair. Die Ho nung der Branche, dass die Zinsen schon bald wieder sinken, ist blau- äugig, weil die Kernin ation in Europa immer noch sehr hoch ist. Deshalb war OeNB-Vize-Gouverneur Gottfried Haber Mitte Mai bei einem Panel des Finanzplanerforums überrascht darüber, dass an den Terminmärkten der- zeit ein Stagnieren der Zinsen beziehungs- weise sogar ein Absinken gegen Ende des Jahres eingepreist wird. „Da wundere ich mich“, sagte Haber und ergänzte: „In In a- tionszeiten sollte man sich nicht von stei- genden Zinssätzen überraschen lassen.“ ALEXANDER ENDLWEBER FP Peter Karl, Erste Immobilien KAG: „Besorgt muss sein, wer sich zu Höchstpreisen mit Grundstücken eingedeckt hat.“ Christoph Kirchmair, Infina: „Der Nachfragerück- gang ist auf die sieben Zinsanhebungen der EZB und das anhaltend hohe Preisniveau zurückzuführen.“ » In Inflationszeiten sollte man sich nicht von steigenden Zinssätzen überraschen lassen. « Gottfried Haber, OeNB fondsprofessionell.at 2/2023 171 FOTO: © KLAUS RANGER | ERSTE IMMOBILIEN KAG, ELKE MAYR | FONDS PROFESSIONELL
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