FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2023
nur noch US-Aktien im Portfolio, keine europäischen Werte. Warum setzen Sie nur auf US-Aktien? Der US-amerikanische Markt ist der größte der Welt. Allein in der Apple-Aktie gibt es jeden Tag mehr Umsatz als an der gesam- ten deutschen Börse. Der Markt ist sehr li- quide, die Unternehmen berichten schnell und ausführlich. Die USA sind für mich die Wiege des Kapitalismus, auch die Inno- vationskraft der Unternehmen ist deutlich größer. Kurz: Amerika ist ein besserer Markt als Europa. Die Entscheidung, uns auf US-Aktien zu konzentrieren, ist daher kein kurzfristiges Phänomen, wir werden auf lange Sicht daran festhalten. Das wird den Ethna-Aktiv auch ein Stück weit von den Konkurrenzprodukten unterscheiden. Sie wählen aber schon Einzelwerte aus? Oder kaufen Sie schlicht den ganzen Markt? Wir investieren in einen Aktienkorb, der sich am S&P 500 orientiert, ihn aber nicht eins zu eins spiegelt. Wir versuchen bei- spielsweise, gewisse Ungleichgewichte des Index auszubalancieren. Aber auch hier gilt: Wir sind Asset-Allokatoren, keine Spekulanten, die auf Einzelwerte wetten. Außerdem wollen wir die Komplexität für unsere Anleger reduzieren. Wir haben un- ser Portfolio gewissermaßen in Blöcke un- terteilt, die nicht zu sehr zueinander korre- liert sind. So kann ich auch relativ einfach erklären, woher die Performance des Fonds kommt, ohne mir etwas aus den Fingern saugen zu müssen. Ich möchte nicht darauf hoffen müssen, dass sich irgendein Nebenwert verdoppelt, sondern es geht um die klassische Asset-Allokation. Dort setzen wir dann bewusst Akzente,momentan bei- spielsweise mit unserer Meinung zur Zins- entwicklung. Im Gegenzug verzichten wir aktuell etwa auf die Dollar-Komponente. Wie ist das einzuordnen? Sie setzen einer- seits nur auf US-Unternehmen, obwohl Sie andererseits wenig vom Dollar halten? Nein. Wir möchten nicht verschiedene Risiken vermischen. Auf der Zinsseite sind wir uns sehr sicher, darum setzen wir unser Risikobudget dort ein. Dazu, wie sich der US-Dollar entwickelt, haben wir momen- tan dagegen keine dezidierte Meinung. Darum haben wir das Dollar-Risiko voll- ständig abgesichert. Diese Absicherung hat im vergangenen Jahr zwar einiges gekostet – wegen der Zinsdifferenz zwischen den USA und der Eurozone. Mittlerweile ist der Abstand aber nicht mehr so groß, und er wird sich weiter verkleinern. Ich gehe davon aus, dass die EZB die Zinsen weiter erhöht. Mit Blick auf die hartnäckige Inflation wäre das verständlich. Andererseits droht dann eine Rezession. Wir haben quasi Vollbeschäftigung, es herrscht Fachkräftemangel – wir sind weit entfernt von einer Rezession. Darauf sollte die EZB keine allzu große Rücksicht nehmen. Für sie muss Priorität haben, dass sich die In ation nicht verfestigt. Die Gewerkschaften fordern immer häu ger Lohnerhöhungen um zehn oder 20 Pro- zent. Die Lohn-Preis-Spirale ist also längst im Gang, es wird Zweitrundeneffekte geben.Wenn die EZB nicht nachlegt, wird sie das Spiel verlieren. Vielen Dank für das Gespräch. BERND MIKOSCH FP KURZ-VITA: Luca Pesarini Der Diplomkaufmann Luca Pesarini arbeitete sich bei der Dresdner Bank und Bear Stearns in Frankfurt hoch, bevor er als Mittdreißiger Vorstand von Julius Bär Deutschland wurde. 2001 machte er sich mit Ethna Capital Partners in Wollerau bei Zürich selbstständig, 2010 gründete er dann zusammen mit Arnoldo Valsangiacomo die Kapitalverwaltungsgesell- schaft Ethenea Independent Investors in Munsbach, einem Vorort von Luxemburg. Pesarini ist über seine Haron-Holding auch Mehrheitseigner des Asset Managers Mainfirst. » Die Lohn-Preis- Spirale ist längst im Gang, es wird Zweit- rundeneffekte geben. Wenn die EZB nicht nachlegt, wird sie das Spiel verlieren. « Luca Pesarini, Ethenea FOTO: © NIKOLA NEVEN HAUBNER MARKT & STRATEGIE Luca Pesarini | Ethenea Independent Investors 120 fondsprofessionell.at 2/2023
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