FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2023

beteiligt waren, sondern nur indirekt über die Treuhandgesellschaft TVP. Anspruchs- gegner müsste also der Treuhänder sein, weil er direkt Kommanditist in der Fonds- gesellschaft ist. Der Insolvenzverwalter er- hob seine Forderung gegen die Investoren jedoch mit Bezug auf eine Klausel im Treu- handvertrag zwischen der TVP und den Anlegern, nach der die Anleger verp ichtet sind, den Treuhänder von sämtlichen Ver- bindlichkeiten aus dem Treuhandverhältnis freizustellen (Freistellungsklausel). Fehler des Insolvenzverwalters Allerdings hätte der Insolvenzverwalter die Forderung gegen die durch den Treu- händer vertretenen Anleger gar nicht stel- len dürfen. Denn der Oberste Gerichtshof (OGH) in Wien entschied Ende des Jahres 2020 nach einem jahrelangen Rechtsstreit, dass die Freistellungsklausel und andere Klauseln im Treuhandvertrag rechtswidrig und deshalb ungültig sind. Sie seien nach österreichischem Recht gröblich benach- teiligend im Sinne des Allgemeinen Bürger- lichen Gesetzbuchs und außerdem nach dem Konsumentschutzgesetz intransparent (Az. 6 Ob 179/20x). Diese OGH-Entschei- dung ist für Anleger generell über den MPC-Fall hinaus von hoher Bedeutung. Zuvor hat der Europäische Gerichtshof im Jahr 2019 entschieden, dass in grenz- überschreitenden Rechtsstreitigkeiten für Österreicher auch das heimische Recht und nicht nur das deutsche Recht Anwen- dung ndet. Er widersprach damit der Ansicht von MPC und TVP, wonach wahl- weise deutsches und nicht österreichisches Recht gelte, und hob die im Treuhand- vertrag genannte Rechtswahlklausel auf. Erfolgreiche Abwehr Mit diesen höchstrichterlichen Urteilen im Rücken verlangte der VKI vom Insol- venzverwalter des Reefer-Fonds, die Forde- rungen zurückzunehmen. Es gibt noch einen zweiten Grund, wes- halb das Begehren des Insolvenzverwalters jedenfalls teilweise ins Leere lief: Im Jahr 2017 schlossen die MPC-Gruppe und der VKI einen Vergleich. Der mühsam ausge- handelte Deal gilt für rund 3.500 Anleger verschiedener MPC-Fonds, die sich ab dem Frühjahr 2013 der „Sammelaktion“ des VKI angeschlossen hatten oder direkt von Rechtsanwalt Schumacher vertreten wur- den. Durch eine Vergleichszahlung von MPC an diese Investorengruppen wurden nicht nur alle o enen Verfahren zwischen den Streitparteien eingestellt. Vereinbart wurde außerdem, dass die Anleger durch MPC oder TVP nicht mehr in Anspruch genommen werden. Der Verein für Konsumenteninforma- tion ging Ende November sofort gegen den Insolvenzverwalter und die TVP vor und kündigte an, nötigenfalls Verbands- klagen einzureichen, um die Forderungen abzuwehren. Die Bemühungen der Verbraucherschüt- zer zeigten rasch Erfolg. „Der Insolvenzver- walter verp ichtete sich, bei den Treugeber- kommanditisten von den erhobenen For- derungen Abstand zu nehmen. Damit konnten Forderungen in Millionenhöhe vollständig abgewehrt werden“, teilte der Verband Mitte Dezember des vergangenen Jahres mit. Mehrere hunderttausend Euro, die von Anlegern an den Insolvenzver- walter bezahlt wurden, sollten von diesem binnen zwei Wochen rückerstattet werden. „Wir freuen uns, dass wir die Forderun- gen des Insolvenzverwalters erfolgreich und vollständig abwehren konnten und damit Hunderten Österreichern in dieser Aus- einandersetzung sehr kurzfristig zur Seite gestanden sind“, erklärte Thomas Hirmke, Leiter des Bereichs Recht im VKI, in einer Aussendung. Vonseiten MPC wollte sich zu diesem Fall niemand äußern, nicht zuletzt mit demHinweis auf den Vergleich. Das unerfreuliche Anlagekapitel „Reefer- Fonds“ dürfte nun endgültig geschlossen sein. ALEXANDER ENDLWEBER FP Thomas Hirmke, Leiter der Rechtsabteilung im VKI, war 2017 federführend bei den Verhandlungen über einen Vergleich zwischen MPC und Anlegern. Sebastian Schumacher, Rechtsanwalt in Wien, führte im Auftrag des VKI unzählige Verfahren gegen MPC und TVP an. » Wir freuen uns, dass wir die Forderungen des Insolvenzverwalters abwehren konnten. « Thomas Hirmke, VKI fondsprofessionell.at 1/2023 269 FOTO: © ALEXANDRA KONSTANTINOUDI | VKI, MARLENE RAHMANN

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