FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2023
BMF. Danach sind etwaige Wertsteigerun- gen (Substanzgewinne) steuerbefreit. Die laufenden Erträge hingegen – also Zinsen und Dividenden (bei Fonds „ordentliche Erträge“) – müssen weiterhin „verkestet“ werden. Im Ergebnis hieße das: Während man vorzeitige Entnahmen generell nach- versteuern müsste, kann man auf laufende Erträge jederzeit zugreifen. Staffelung statt Einheitsfrist Genaue Behaltefristen nennt das BMF nicht. Ein Branchenfachmann, der unter anderem auf interne Gespräche zwischen BMF und Bankensparte verweist, sagt je- doch, dass neuere Überlegungen in Rich- tung einer Alterssta elungsregelung gehen. So könnte etwa ein 30-jähriger Anleger eine Bindefrist von zehn Jahren bekom- men, während ein 45-jähriger möglicher- weise sein Geld bereits nach sieben Jahren KESt-frei entnehmen könnte. Pläne, die noch im vergangenen Sommer im Raum standen,wie eine zweijährige Frist oder spä- ter eine fünfjährige, scheinen rechtlich auf dem Abstellgleis. Denn die Endbesteue- rung von Veräußerungsgewinnen steht im Verfassungsrang; eine Änderung bräuchte eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Ausnahmen erlaubt das Gesetz nur für die Pensionsvorsorge, wie Sabine Kirchmayr- Schliesselberger, Steuerrechtlerin an der Universität Wien, bereits vor gut einem Jahr betonte. Bei zu kurzen Behaltefristen kann man nicht mit Pensionssparen argu- mentieren. Mit dem Kni der Alterssta e- lung könnte man hingegen der Verfassung gerecht werden, erklärt der Branchenfach- mann gegenüber der Redaktion. Das BMF sagt konkret nichts, ist sich jedoch sicher, dass der aktuelle Vorschlag „mit einfacher gesetzlicher Mehrheit um- gesetzt werden“ könne. Keine Angaben macht das Ministerium auch zur Frage, wie viel Geld steuerfrei einbezahlt werden darf. Der oben zitierte Branchenexperte zeigt sich jedenfalls mit Blick auf einen weiteren internen Plan er- leichtert: Die Kursgewinne an sich will das BMF für die KESt-Befreiung nicht deckeln; „bei positiver Kapitalmarktentwicklung könnte das Depot auch sehr umfangreich werden“, so der Experte. Das alles ist jedoch wie erwähnt momentan ohne die Einwil- ligung des grünen Koalitionspartners reines Wunschdenken. „Die KESt-Befreiung ist tot“ Fix ist bis jetzt eines: Die Wiedereinfüh- rung der Behaltefrist, wie es sie in Öster- reich bis Ende 2011 gab (und wie sie man- che auf Basis des Regierungsprogramms er- ho ten), wird nicht kommen. Einst waren Wertsteigerungen nach einem Jahr Halte- frist steuerfrei.Die aktuelle Endbesteuerung in Höhe von 27,5 Prozent unabhängig von der Dauer des Investments gilt seit 2012. Und dabei soll es grundsätzlich bleiben. „Die KESt-Befreiung ist tot“, sagt ein Ver- treter der Bankenseite. Denn das Vorsorge- depot ist aus der Sicht vieler wegen des begrenzt einzahlbaren Betrags eine Schmal- spur-Option. „Das Vorsorgedepot ist nur ein Puzzlestein in der Stärkung des Kapital- marktes, aber kein Ersatz für die Behalte- frist“, sagt Franz Rudorfer, Geschäftsführer der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer Österreich. „Wir müssen in Österreich bis zum Jahr 2030 145 Milliarden Euro investieren, um die Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen. Auch die Grünen müssten sehen, dass die Behaltefrist da ein viel größerer Hebel wäre“, so Rudorfer. Andere Marktteilnehmer wünschen sich ebenfalls umfassendere Lösungen. Sie ha- ben oft Bedenken, dass ein Vorsorgedepot mit zu starken Einschränkungen amMarkt oppt. Eine Sorge: zu tiefe Maximalbeträge. Erstens hätten Anleger dann keinen An- reiz. Zweitens könnten die Banken den Hut drauf werfen; sie müssen ja die KESt- Abfuhr an das Finanzamt bewerkstelligen. Eine Systemumstellung wegen Micky- maus-Beträgen ist für sie kaum attraktiv. Thomas Wilhelm, Leiter Asset Manage- ment Tax bei EY, gibt ein Beispiel, welche Herausforderungen auf die Institute zu- kommen. So werden etwa bei Anleihen derzeit die Stückzinsen gesetzlich als Teil der Substanzgewinne (Wertzuwachs) be- trachtet. „Das muss man wieder auseinan- derdröseln“, so Wilhelm.Dass nur die Wert- steigerungen „entkestet“ werden, stört ohnehin viele. „Eine halbe Sache“, heißt es etwa beim Fondsverband VÖIG. Indes begrüßt man beim Verband Spekulatio- nen, wonach ein Depot mit grünen Invest- ments verknüpft werden könnte. Eine KESt-Befreiung für ökologische und ethi- sche Investitionen steht im Regierungspro- gramm. Andere Experten haben da jedoch auch Bedenken: Einschränkungen der Diversi kation waren stets problematisch. Das zeigt etwa die Prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge (PZV), die nicht nur wegen teurer Garantien strauchelt, sondern auch wegen enger Veranlagungsgrenzen. EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP » Das Vorsorgedepot ist nur ein Puzzlestein, aber kein Ersatz für die Behaltefrist. « Franz Rudorfer, Bundessparte Banken und Versicherungen fondsprofessionell.at 1/2023 267 FOTO: © WALTER HENISCH | WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH
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