FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2023

H2O bestreitet die ersten zwei Vorwürfe. Dabei handle es sich imGrunde „um tech- nische Angelegenheiten“. Die Gesellschaft betonte, „dass es keinerlei Betrug oder ab- sichtliche Fehler“ seitens des Unterneh- mens und der beiden Gründer gegeben habe. Lediglich die zeitweilige Überschrei- tung von Investitionsgrenzen räumte das Haus ein.Mittlerweile habe sich die Gesell- schaft dazu entschlossen, nicht mehr in solche Anleihen zu investieren. Man habe „stets im Interesse der Investoren gehan- delt“, beteuerte Crastes bei einer Anhörung. Teilbetrag erhalten Das Gremium der AMF sieht es hinge- gen als erwiesen an, dass das Haus und die Manager „in mehreren Punkten gegen ihre P ichten“ verstoßen hätten. Zudem seien die „Verfehlungen den Herren Crastes und Chailley zuzurechnen“. Das Urteil sei „in Anbetracht der schwerwiegenden Natur des Falles, der Beteiligung der Führungs- ebene daran und des Schadens, der insbe- sondere durch das Einfrieren des Vermö- gens den Anlegern entstanden ist“, gefällt worden, so die AMF. Am Tag der Bekanntgabe des Urteils teil- te H2O mit, dass die Anleger eine erste Erstattung erhalten – gut zweieinhalb Jahre seitdem ihr Geld in den Seitentaschen ge- fangen ist. Die Boutique gab an, von Ten- nor eine Teilrückzahlung der seit Sommer überfälligen Anleihe erhalten zu haben, in der die Tennor-Verbindlichkeiten gebündelt wurden. Doch dies wirft neue Fragen auf. „H2O hat eine Rückzahlung eines Betrags in Höhe von 250 Millionen Euro angekün- digt“, sagt Edouard Fremault, Strategiechef von Deminor. „Allerdings ergaben Berech- nungen, die auf Basis der den Anteilsin- habern der sechs betro enen Publikums- fonds zur Verfügung gestellten Daten durchgeführt wurden, einen viel niedrige- ren Betrag von rund 144 Millionen Euro.“ In der Mitteilung zur Rückzahlung hatte H2O von einer „Reduzierung des Nenn- werts“der Anleihe um 250 Millionen Euro gesprochen – eine Formulierung, die Inter- pretationsspielraum lässt. Gutachten erwartet H2O wollte sich dazu auf Anfrage nicht äußern. Das Haus hat immer wieder seine Entschlossenheit bekundet, den Verkauf der Vermögenswerte der Seitentaschen zu vollenden. Zugleich bestünde die Unsicher- heit bei der Bewertung, die zur Einrich- tung der Seitentaschen führte, weiterhin. Erst mit der Liquidation ergebe sich die genaue Bewertung der Side Pockets. Die Anlegervereinigung will vor Gericht ziehen und Entschädigungen einfordern. Die Vereinigung und ihr Prozess nanzierer Deminor rechnen sich gute Chancen aus. „Beim H2O-Fall bekommen wir Rücken- wind von der Aufsicht“, sagt Fremault. „In vielen anderen Verfahren können wir uns nicht darauf stützen.“ So erreichte die Ver- einigung vor Gericht die Bestellung eines Gutachters, der den Fall durchleuchtet.Die- ser sollte im Frühjahr seine Erkenntnisse vorlegen. Bis Redaktionsschluss war das Gutachten nicht verö entlicht. So steht der nächste Akt in dem Drama bevor. SEBASTIAN ERTINGER FP Holding für insolvent. Gegen die Entscheidung sei Einspruch eingelegt worden. „Tennor hat sich mit dem Antragsteller außergerichtlich geei- nigt“, so Windhorst. 2022 Januar 2022: Ein niederländisches Berufungsgericht hebt die Insolvenz der Tennor Holding auf. März 2022: Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine und dem Kursverfall an den Börsen erleiden einige H2O-Fonds hohe Verluste. Manche Fonds hatten auf den russi- schen Rubel gesetzt. Zudem einigen sich H2O und Natixis schließlich auf die Trennung. H2O-Mitarbeiter sollen schrittweise die Anteile übernehmen. August 2022: Windhorst kündigt an, „in den nächsten Wochen nicht weniger als 550 Millionen Euro“ an die H2O-Fonds zurückzuzahlen. November 2022: Die Finanzaufsicht AMF fordert ein Berufsverbot für zehn Jahre gegen Bruno Crastes. Zudem plädiert die Behörde in einer Anhö- rung für eine Rekordbuße in Höhe von 75 Millionen Euro gegen das Haus. Crastes selbst wollen die Aufseher zudemmit einer Strafe von 15 Millio- nen Euro belegen. Drei Millionen Euro Buße drohen dem Investmentchef von H2O, Vincent Chailley. Januar 2023: Ein Gremium der AMF verhängt die Strafen weitgehend im geforderten Ausmaß. Lediglich beim Berufsverbot gegen Crastes bleibt das Gremium mit fünf Jahren unter der Forderung. Die Boutique H2O kündigt an, gegen die „unfaire“ Buße Beru- fung einzulegen. Windhorsts Tennor Holding habe zudem noch im Dezember 2022 eine Teilrückzahlung überwiesen. Das H2O-Windhorst-Drama im Zeitverlauf | Teil 3 » Beim H2O-Fall bekom- men wir Rückenwind von der Aufsicht. « Edouard Fremault, Deminor VERTRIEB & PRAXIS H2O Asset Management 196 fondsprofessionell.at 1/2023 FOTO: © DEMINOR

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