FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2023

habe gemeinsam mit der Verwahrstelle und der Depotbank Vorkehrungen ausge- arbeitet. Zwei Szenarien werden durchge- spielt: Bei einem europaweiten Blackout würden wahrscheinlich zumindest die europäischen Börsen geschlossen werden. „Fondspreise würden ausgesetzt. Dennoch müssen gewisse Aktivitäten wie die In- standhaltung von Zahlungsströmen auf- rechterhalten werden“, so Buchbauer. Kommt es hingegen zu einem lokalen Blackout, bei dem nur die Börse Wien aus- fällt, „können wir aufgrund unserer Unter- nehmensstruktur zeitnah den Betrieb in unsere Zweigstellen im Ausland verlagern“, so Buchbauer. Die Notstromversorgung am Erste Campus und im Rechenzentren sei „für mehrere Tage Dauerbetrieb aus- gelegt“. Ein Stufenplan bestimmt, welche Dienste wann reduziert werden: Vorrang haben die Zahlungsströme. Die Nummer drei am österreichischen Fondsmarkt, Amundi Austria, verweist auf einen Busi- ness Continuity Plan, „der die geregelte Fortführung des Tagesgeschäfts sicherstellt“. Mitarbeiter könnten „innerhalb der Amundi-Gruppe jede Tätigkeit bei Bedarf an einem der anderen Standorte ausüben“. Oft vorbeigeschrammt Die gute Nachricht: Trotz der Unsicher- heiten im kontinentalen Stromnetz gab es in Europa seit 70 Jahren keinen echten Blackout – also einen groß ächigen Ausfall im Unterschied zu regionalen Unterbre- chungen, betont Wissenschaftler Krieger- Lamina. Es fehle bis jetzt auch der Beleg, dass der Anstieg erneuerbarer Energie tat- sächlich Blackouts verursacht. „Die Branche kennt die Herausforderungen und managt sie.Die Situation erinnert mich an das Y2K- Problem bei den Computern zum Jahrtau- sendwechsel. Man hat die Gefahr gesehen und verhindert“, so der ITA-Forscher. Gelegenheiten, in einen Blackout zu schlittern, hätte Europa schon mehrmals gehabt. Zuletzt kam es im Jänner 2021 in einem kroatischen Umspannwerk durch ungewöhnlich hohen Strom uss zu einer Überlastung und zur Abschaltung. Der Überschuss aus dem Südosten in Richtung Westen wich darauf hin auf die verbliebe- nen Leitungen aus, die allesamt als Schutz- reaktion innert weniger Sekunden abschal- teten. Im Rest Europas fehlten abrupt über sechs Gigawatt (GW), gut das Doppelte der davor angenommenen Belastungsgrenze. „Da ging ein Riss durch das europäische Verbundnetz.Doch es gab viel mehr Pu er als einkalkuliert. Alle Pumpspeicherkraft- werke sind sofort angelaufen.Nur in Frank- reich und Italien wurden einige Verbrau- cher vom Netz genommen“, so Krieger- Lamina. Er hält aufgrund dieser robusten Praxiswerte auch einen Hacker- oder Ter- rorangri für bewältigbar. Das Verbund- netz sei mit drei GWPu er für den Ausfall eines großen Kraftwerks gerüstet. „Wir ha- ben gesehen, dass es die doppelte Menge aushält. Jemand müsste also drei große Kraftwerke gleichzeitig lahmlegen“, so der Forscher. Die größte Gefahr geht seiner Ansicht nach von Innovationsmängeln aus: Fossile Stromlieferanten werden abgeschal- tet, oder ein Land muss etliche wartungs- bedürftige Atommeiler vomNetz nehmen wie im Vorjahr Frankreich, während der Ausbau alternativer Energieträger schlep- pend vorangeht. Hier sei auch die Politik mit rascheren Genehmigungsverfahren gefordert. Wann ein Blackout auftritt, sei seriös nicht prognostizierbar. „Wenn, dann passiert es in Sekundenbruchteilen“, so Krieger-Lamina.Nach der Mangellage wird das Netz Stück für Stück wieder aufgebaut. Simulationen der APG würden zeigen, dass der Strom im Idealfall innerhalb von sechs Stunden wieder ießt. Im schlimms- ten Fall seien es 48 Stunden. Tagelange dystopische Szenarien seien eher nicht zu erwarten. Was jedoch viele nicht bedenken: Das Drama eines Blackouts liegt in den Lang- zeitfolgen. Bereits kurze Ausfälle können für die Versorgung fatal sein. Lesenswert ist dazu der Bericht des Technikfolgenausschus- ses imDeutschen Bundestag (TAB-Bericht), der bereits aus dem Jahr 2011 stammt, aber aufgrund seiner Tiefe noch immer als wich- tiger Standard gilt. Bei Hochleistungsmilch- kühen kann etwa eine Verschiebung der Melkzeit um nur wenige Stunden Euter- entzündungen mit Todefolge auslösen, in der Hühnerzucht würden Küken innerhalb kurzer Zeit verenden, wie der Bericht ver- anschaulicht. Der österreichische Blackout- experte Herbert Saurugg warnt seit Jahren vor unterschätzten Wiederanlaufzeiten: Selbst wenn wieder Strom ießt, könne es Tage dauern, bis Handy und Internet und damit der Warenverkehr anlaufen. Auch ITA-Forscher Lamina-Krieger betont: „Auf- grund der wechselseitigen Abhängigkeiten muss man in vielen Bereichen mit langen Nachwirkungen rechnen. Die Gesellschaft wird einen Blackout gut bewältigen, das hat die Pandemie gezeigt. Aber individuell wird jeder unterschiedlich stark betro en sein.“ EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP » Wir können zeitnah den Betrieb in unsere Zweigstellen im Ausland verlagern. « Winfried Buchbauer, Erste Asset Management VERTRIEB & PRAXIS Blackout 178 fondsprofessionell.at 1/2023 FOTO: © STEPHAN HUGER

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