FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2023

muss man es zu Hause haben“, so Krieger- Lamina. OeNB-Pressesprecher Christian Gutlederer betonte, die Nationalbank wün- sche sich eine Cashausgabe. Die Entschei- dung liege jedoch bei den Banken. Und dort überwiegen die Sicherheitsbedenken: Da ohne Strom wichtige Schutzsysteme ausfallen, birgt eine Filialö nung Gefahren. Auch kann die Bank ohne Zugri auf Wertstände nicht wissen, ob ein Auszah- lungsbetrag gedeckt ist. In Deutschland wurde im Vorjahr bekannt, dass die Branche hinter den Kulissen an Plänen wie Notkassen arbeitet. Vorgaben mit Spielraum Angesichts der ungelösten Bargeldsitua- tion stellt sich die Frage, welche Blackout- P ichten eigentlich die Finanzmarktteilneh- mer haben. Es zeigt sich: Notfallpläne sind überall Vorschrift. Doch genau wie beim Cash fehlen auch in anderen Bereichen konkrete Anweisungen.Zum Beispiel kann die Finanzmarktaufsicht (FMA) den Unter- nehmen nicht vorschreiben, für wie viele Tage sie Notstromreserven oder -lieferverträ- ge vorhalten müssen, wie Sprecher Klaus Grubelnik erklärt. Was es gibt, sind (teils eher allgemeine) gesetzliche Zielwerte – wie diese erfüllt werden, bleibt den Dienst- leistern überlassen. So erhalten etwa Börsen- betreiber noch relativ genaue Normen, wenn sie laut Mi d II für eine Wiederauf- nahme des Handels innert rund zwei Stun- den sorgen müssen.Gleiches gilt für die im Derivatehandel unerlässlichen „Zentralen Gegenparteien“ (CCPs), die zwischen zwei Handelspartnern stehen. Ihnen schreibt die Mi r-Verordnung weiters Konzepte für Humanressourcen und einen Sekundär- standort vor, wie Grubelnik erklärt. Etwas schwammiger wird es schon bei den für die Wertpapierlagerung und -übertragung ver- antwortlichen Zentralverwahrern (CSDs). Hier verlangt die CSDR-Verordnung Vorbe- reitungen für eine „rasche Wiederherstel- lung des Geschäftsbetriebs“.Aktionen sollen zum geplanten Termin statt nden können. Für Wertpapierdienstleistungen und Anla- getätigkeiten von Banken und Wertpapier- rmen wiederum verlangen das WAG 2018 sowie Mi d II Backupsysteme. Dienstleis- tungen sollen auf andere Weise fortgeführt werden können. Ob die Pläne in den Schubladen der Unternehmen für den Ernstfall ausreichen, hängt also von der gewissenhaften Norm- auslegung ab. Die FMA achte bei Vor-Ort- Prüfungen und Managementgesprächen schwerpunktmäßig darauf und dränge auf Vorbereitungen. „Gegebenenfalls hat sie dies auch mit den ihr gesetzlich zugewiese- nen rechtlichen Mitteln durchzusetzen“, so Grubelnik. Es gelte der Proportionalitätsan- satz: je systemrelevanter, desto dichter die Vorgaben. Auch die EZB schaut genauer hin: „Wir fordern diese Pläne bei der Bank an und überprüfen sie laufend imRahmen des Supervisory Review and Evaluation Process (SREP, Anm.)“, sagt ein Sprecher der EZB. Dass der Versorgungsausfall mo- mentan ein prominentes Thema ist, sieht man am Aufwand der österreichischen Aufsicht. Erstmals wurden im Sommer 2022 die Pensionskassen einem „Blackout- Reifetest“unterzogen.Heuer folgen die Ver- sicherungen. „Es ist geplant, dieses Tool auf andere Bereiche auszurollen“, so Grubelnik. Die Behörde selbst arbeitet international mit Schwesterinstitutionen am Aufbau einer Satellitenkommunikation. „Es wur- den Notfallpläne erstellt, Teams de niert und geschult“, so Grubelnik. Notstrom hat die FMA für mindestens 72 Stunden. Alle Daten werden in einem Ausfallrechenzen- trum gespiegelt gespeichert. Wertpapieranbieter Eine Nachfrage bei den größten öster- reichischen Fondsanbietern ergibt sehr unterschiedliche Zugänge. „Krisenszena- rien werden in Schulungen und Trainings geprobt. Systemrelevante Abteilungen sind mit Notfallboxen ausgestattet“, sagt Stephan Horak, Leiter der Abteilung zentrale Ser- vices bei Rai eisen Capital Management (RCM). Für 48 Stunden sei man „tech- nisch sehr gut abgesichert“. Für eine da- rüber hinausgehende Notstromversorgung gibt es Lieferverträge. Unter anderem wur- den die für eine Betriebsaufrechterhaltung wesentlichen Personen de niert. Skeptisch steht Horak hingegen den zuletzt oft be- richteten Notverlagerungsplänen ins nicht betro ene Ausland gegenüber: Zum einen müsse man davon ausgehen, dass bei einem umfassenden Ausfall nur 30 Minuten Zeit für die Kommunikation bleiben. Abgese- hen davon müsste für eine Übertragung die gesamte Prozesskette aufrecht sein, also Depotbank, Börsenplatz und andere Betei- ligte, gibt er zu bedenken. Die Fondsbran- che stünde bei einem Blackout allein we- gen der globalen Investitionstätigkeit vor Herausforderungen: „Wenn es in Europa dunkel wird, geht der Handel in den USA trotzdem weiter“, so Horak. Bei der Erste Asset Management sagt Winfried Buchbauer, der für das Risk Ma- nagement zuständige Geschäftsführer,man » Wenn, dann passiert es in Sekunden- bruchteilen. « Jaro Krieger-Lamina, Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) fondsprofessionell.at 1/2023 177 FOTO: © KRIEGER-LAMINA

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=