FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2023
die Immobilienpreise in schwindelerregen- de Höhen getrieben. Vielleicht gab es den Wunsch, dass es immer so bleibt, aber jeder, der seriös kalkuliert, kann nicht davon aus- gehen.Die Nullzinsen müssen irgendwann ein Ende haben, denn nur mit der Geld- schwemme kann die Volkswirtschaft nicht aufrechterhalten werden. Deshalb haben wir schon im Jahr 2021 Zinsszenarien ge- rechnet. Ein Grund für die Preissteigerun- gen ist aber auch, dass Grundstücke Man- gelware sind. Das hat sich nicht geändert. Wie bewerten Sie die Zinswende und die Auswirkungen auf den Immobilienmarkt? Peter Lazar: Zehn Jahre Nullzinspolitik sind beendet. Nun bekommt der, der Geld hat, auch mit Bonds wieder Geld, und der, der Geld braucht, zahlt dafür. Die Immobilien- branche hat sich darauf einzustellen. Wir haben das rechtzeitig getan und stellen lau- fend Zinssensitivitätsberechnungen an. Un- ser Unternehmen ist für die Zukunft gut aufgestellt und nicht mehr – so wie früher – vom Immobilienhandel abhängig. Das Dienstleistungsgeschäft hat nachgezogen und voriges Jahr bereits 85 Prozent unserer gesamten Fixkosten abgedeckt. Und unsere Eigenkapitalquote von knapp 40 Prozent bei einer Bilanzsumme um die 200 Millio- nen Euro ist ein Ausrufezeichen. Welche Auswirkungen sehen Sie durch die Verschärfung der Kreditvergaberichtlinien bei Immobilienfinanzierungen? Bernhard Hundskarl: Es wurde erwartet, dass die Gesamtnachfrage etwas weniger wird. In der Praxis sehen wir, dass die Nachfrage sehr hoch ist, aber Transaktionen auf dem letzten Meter an der Bank scheitern. Peter Lazar: Die KIM-Verordnung hat auch Gutes. Es braucht nun mehr Eigenkapital, und die Haushaltsrechnung wird strenger bewertet. Das ist nicht aus der Norm, son- dern war früher ganz normal. Mit der Ge- schwindigkeit, mit der die Änderung ge- kommen ist, hat niemand gerechnet. Auch vom Zinsanstieg wurden viele überrascht. Wie groß ist der Anteil der Eigennutzer, die Wohnungen kaufen, und wie groß ist der Anteil der Investoren, die zur Vermietung kaufen? Bernhard Hundskarl: Bis Mitte letzten Jahres waren es mehrheitlich Eigennutzer.Das hat sich ein bisschen gedreht, weil viele Leute Angst vor der In ation haben, sodass ak- tuell etwa 60 Prozent an Investoren gehen. Peter Lazar: Sehr gut situierte Kunden leis- ten sich auch ein Zinshaus, teilweise weil sie selbst darin wohnen und den Rest steu- ern möchten oder rein als Veranlagung. Wie sieht Ihre Immobilienstrategie aus? Peter Lazar: In der Wiener Innenstadt gibt es fast keine leistbare Ware mehr, vor allem wenn die Häuser fertig saniert sind. Wir gehen daher außerhalb des Zentrums in gute, aber leistbare Lagen, die man länger bearbeiten muss und nicht schnell drehen kann. Diese Immobilien zeichnen sich durch eine leistbare Miete aus.Die Branche muss sich danach richten, was zumutbar und leistbar ist, sowohl bei der Miete als auch im Einkauf und damit in weiterer Folge im Verkauf. Preise von 10.000 Euro und mehr pro Quadratmeter sind nur 0,5 Prozent der Österreicher vorbehalten. Wie gehen Siemit den Preisentwicklungen bei Ihrem neuen Investmentprodukt „Wiener Gold“ um? Peter Lazar: Alle Wohnungen sind günsti- ger als die Gestehungskosten im Neubau. » In der Innenstadt gibt es fast keine leistbare Ware mehr. « Peter Lazar, Vienna Estate Bernhard Hundskarl Peter Lazar Mario Kojic FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN fondsprofessionell.at 1/2023 133
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