FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2022
Es gibt das positive Klischee, dass in asia- tischen Kulturen pragmatisches Handeln einen hohen Stellenwert hat. Das passt eigentlich nicht mit dem humanitär und wirtschaftlich ruinösen Corona-Manage- ment zusammen. Warum geht China so hart vor? Es gibt zwei Aspekte. Zum einen hat die Regierung realisiert, dass ihr Impfstoff nicht wirklich gut funktioniert. Sie muss die Leute trotzdem irgendwie gegen eine Masseninfektion schützen. Aber es gibt einen zweiten Grund: Das Ganze ist auch ein Weg, um politische Kontrolle aus- zuüben. Wirtschaftlich gedacht ergibt es jedenfalls keinen Sinn, das Volk an Ort und Stelle einzusperren. Während der chinesischen Corona-Lock- downs sind Menschen verhungert. In dem Land, in demselten protestiert wird, gab es Demonstrationen – auch zuletzt noch.Wird Staatschef Xi Jinping etwas von seiner über die Jahre ausgebauten sozialen Kon- trolle zurückfahren müssen? Nein, ich denke, so lang Xi Jinping an der Macht ist, wird die politische Kontrolle bleiben oder sogar noch größer werden. Man darf nicht vergessen, Xi will Führer auf Lebenszeit werden. Das erinnert schon sehr an Mao Zedong (Diktator und Vor- sitzender der kommunistischen Partei von 1943 bis 1976, Anm.). Es geht alles in diese Richtung. Sehr interessant war im September das Treffen der Shanghai Cooperation Organi- sation (SCO), der auch Russland angehört. Da ist Xi quasi als politischer Manager der Sowjetrepubliken aufgetreten. Er hat Revo- lutionstendenzen in Georgien oder Kirgis- tan verurteilt, gleichzeitig aber Kasachstan Unterstützung gegen Russland zugesagt. Wird Xi der neue Kaiser von Asien? Ja. Das ist auch das Ziel des Seidenstraßen- projekts, das genau diese Staaten mit Infra- struktur- und anderen Finanzierungen in den chinesischen Orbit einbeziehen will. Der Geldbetrag, den China hier verleiht, ist größer als jener der Weltbank. Viele dieser Staaten sind jetzt gegenüber China verschuldet. China profitiert in gewisser Weise auch vom russischen Angriff auf die Ukraine. Russlands Präsident Putin hat damit der westlichen Welt die Türen zugeschlagen, sich so aber komplett China ausgeliefert, das jetzt komfortabel den eigenen Einfluss in den Ex-Sowjetrepubliken ausbaut. Ist Putin doch nicht der Stratege, als der er oft bezeichnet wurde? Ja, die Situation ist geostrategisch extrem vorteilhaft für China. Und China be- kommt noch dazu Gas und Öl zu niedri- geren Preisen. Putin wäre gern Stratege. Aber er hat einfach beschränkte Ressour- cen.Wir dürfen auch eines nicht vergessen: China und Russland können niemals enge Freunde sein. Die Grenze zwischen den beiden Ländern ist eine der längsten der Welt. Zwischen diesen beiden Staaten wird es nie einen echten Frieden geben. In Ihrem Emerging Markets Fund nimmt das große China eine kleine Position ein. Warum? Wir haben einfach nicht mehr Titel gefun- den, die unseren Kriterien entsprechen. » Wenn die Märkte fallen, ist die beste Zeit, um zu investieren. « Mark Mobius, Mobius Capital Partners FOTO: © GÜNTER MENZL fondsprofessionell.at 4/2022 99
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