FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2022
Schwere Hypothek Erstmals seit vielen Jahren steht ein Rückgang bei der Immobilien- kreditvergabe an. Vermittler müssen sich auf herausfordernde Beratungen und auf einen Einbruch des Geschäfts einstellen. F ür österreichische Immobilienkäufer haben sich die Bedingungen heuer innerhalb weniger Monate drastisch verän- dert. Zinssteigerungen, eine belastend hohe allgemeine Inflation, reale Einkommens- verluste und neue Gesetzeshürden fürs Geldleihen: Das alles führt – bei rekord- hohen Immobilienpreisen – dazu, dass Kredite oft unerschwinglich werden. Zuerst war es die Europäische Zentral- bank (EZB), die die Kreditnehmer unsanft aus der Billiggeldblase herauskatapultierte. Nach fast zehn Jahren nahe oder auf der Nulllinie hob sie die Leitzinsen zwischen Juli und Oktober auf zwei Prozent an.Wei- tere Schritte werden folgen – schließlich muss die Inflation bekämpft werden, die im Oktober in der Eurozone zweistellige Werte erreicht hat. Die Banken reagierten prompt: Wer Ende September 2022 einen 100.000-Euro- Fixzinskredit mit 25 Jahren Laufzeit für eine Immobilie brauchte, zahlte dafür durchschnittlich plötzlich effektiv 4,53 Pro- zent. Das entspricht fast einer dreimal so hohen Verzinsung wie noch ein Jahr davor (1,55 Prozent). Das zeigen Auswertungen des größten bankunabhängigen österreichi- schen Kreditbrokers Infina. Ähnlich kräftig stieg demnach die Effektivverzinsung der variablen Kredite, nämlich von 1,01 auf 2,79 Prozent.Historisch betrachtet müssten solche Niveaus zwar niemanden schockie- ren. Fünf Prozent für eine langfristige Fix- bindung sind im Vergleich mit vergange- nen Jahrzehnten kein Drama. „Die Zins- steigerungen wirken sich aber heute wegen des hohen Immobilienpreisniveaus viel stärker aus“, betont Christoph Kirchmair, Chef und Gründer von Infina. Allein in den vergangenen zehn Jahren haben sich in Österreich die Haus- und Wohnungs- preise mehr als verdoppelt. Mit zuletzt er- höhter Dynamik: In den ersten zwei Quar- talen 2022 stiegen die ohnehin hohen Prei- se erneut um rund 12 bis 13 Prozent. Fundamentale Überbewertung Wegen dieser Entwicklung warnt die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) seit Jahren vor einer Blase. Die Befürchtung untermauert sie mit ihrem Fundamental- preisindex, der misst, ob die Immobilien- preise mit Faktoren wie Baukosten, Leist- barkeit oder Rentabilität harmonieren. Laut Index ist Wohneigentum österreichweit mittlerweile um 40 Prozent teurer, als es die realwirtschaftlichen Sachverhalte rechtfer- tigen, in Wien sogar um 45 Prozent. Dass unter diesen alarmierenden Vorzei- chen noch dazu ein hoher Teil der Kredite » Zinssteigerungen wirken sich heute wegen der hohen Immobilien- preise viel stärker aus. « Christoph Kirchmair, Infina Ende der Boomjahre: Einen Immo- bilienkredit zu bekommen, ist momentan schwierig. Oft sind die Konditionen nicht zufriedenstellend. Manche Banken streichen zum Beispiel ihr Fixzinsangebot. Antworten auf die Frage, wie man mit dem Zins- schock in der Kreditvermittlung umgeht, gibt Christoph Kirchmair, Gründer und CEO von Infina, auf dem FONDS KONGRESS im März. ANMELDUNG: www.fondsprofessionell.at WIEN, 8. UND 9. MÄRZ 2023 BANK & FONDS Kredite 258 fondsprofessionell.at 4/2022 FOTO: © GINA SANDERS | STOCK.ADOBE.COM
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