FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2022

Es werden etwas mehr. Im Juli und August haben wir gesehen, dass die Beitragsfreistel- lungen deutlich gestiegen sind. Erfreulich war hingegen, dass sich die Stornoquote nicht erhöht hat. Im September waren die Zahlen bei den Freistellungen dann auch wieder völlig unauffällig. In der Corona- krise sind die Zahlen interessanterweise deutlich schneller gestiegen,Dies hing aber eher mit Themen wie Kurzarbeit oder auch Jobverlust zusammen. Nach einigen Monaten hat sich die Situation auch wieder beruhigt, das hat mich damals durchaus überrascht. Vor allem in schwierigen Zeiten, wie wir sie gerade sehen, sind die Vermittler beson- ders gefordert. Wie unterstützen Sie Ihre Vertriebspartner aktuell? In Zeiten wie diesen ist die Verunsicherung und damit der Beratungsbedarf natürlich größer. Das liegt aber auch an der massiv angestiegenen Inflation. Das bedeutet, dass wenn man heute bei acht Prozent Inflation 100.000 Euro liegen lässt, am Jahresende nach Kaufkraft 8.000 Euro fehlen. Mit diesem Thema umzugehen, das wird die größte Aufgabe der nächsten Zeit sein. In diesem Umfeld gilt es genau zu ermitteln, was gespart werden kann beziehungsweise muss, denn die Pensionslücke wächst schließlich auch mit der Inflation mit. Der Kunde muss also davon überzeugt werden, dass es sinnvoll ist, auch im aktuellen Um- feld weiter oder sogar mehr zu investieren. Wir machen hier gute Erfahrungen mit unserem sogenannten Startmanagement. Hier wird anfangs in einen Mischfonds mit niedriger Volatilität eingezahlt und dann entweder automatisch oder manuell umge- schichtet, um dem Kunden die Angst vor dem falschen Market-Timing zu nehmen. In der Coronakrise hatte man das Gefühl, dass die Anleger mittlerweile krisen- erprobt sind. Viele haben die Situation für Zukäufe genutzt, und die Vertriebe haben ausgezeichnete Umsätze gemacht. Aktuell zeigt sich aber ein anderes Bild … Es ist eine andere Situation, in der Corona- krise haben die Menschen ihre Finanzen geordnet. Sie hatten plötzlich viel Zeit und waren oft zu Hause. Im Jahr 2020 hatten wir knapp 30 und im Jahr 2021 fast 50 Prozent Neugeschäftswachstum – und zwar nach Volumen und nicht nach Stück- zahl. Das war unglaublich. Die aktuelle Krise ist aber anders, damals gab es keine hohe Inflation, und die Aktien- und Anlei- henkurse sind auch nicht zeitgleich massiv eingebrochen – diesen perfekten Sturm am Finanzmarkt haben wir damals nicht gesehen. Die Aktienkurse haben sich ja sehr rasch wieder erholt. Welchen Stellenwert hat das österreichi- sche Geschäft im Vergleich zum deut- schen? 2017 lag der Anteil amNeugeschäft noch bei 20 Prozent – hat sich daran etwas geändert? Daran hat sich eigentlich nichts geändert, imMoment könnte es sogar etwas darüber liegen. Insgesamt lässt sich sagen, dass wir sehr zufrieden sind mit der Entwicklung in Österreich,wir sind in allen Bereichen über die vergangenen drei Jahre deutlich über Plan gewachsen. Im letzten Quartal dieses Jahres könnte es natürlich eine gewisse Konsolidierung geben, Genaueres werden wir erst am Jahresende wissen. Seit 2. August müssen auchVersicherungs- vermittler bei Anlageprodukten die Nach- haltigkeitspräferenzen erheben und diese in ihren Produktempfehlungen berücksich- tigen. Wie haben Sie den Start der neuen Vorgaben wahrgenommen? Was das Thema ESG angeht, sehen wir viel Frustration bei den Vermittlern. Durch die neuen Vorgaben wird eine Beratungssitua- tion geschaffen, in der der Vermittler gezwungen wird, ein Thema zu erklären, das der Kunde zwar grundsätzlich gut findet, die Fachterminologie überfordert ihn aber. Die Komplexität in der Beratung » Im Jahr 2020 hatten wir knapp 30 und 2021 fast 50 Prozent Neu- geschäftswachstum. « Christian Nuschele, Standard Life FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN FONDS & VERSICHERUNG Christian Nuschele | Standard Life 174 fondsprofessionell.at 4/2022

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=