FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2022
Bauherrenmodelle sind davon zunächst nicht betroffen, da die meisten mit öffent- lichen Förderungen finanziert werden und deshalb nur begrenzte Mieten verlangen dürfen. „Viele Anleger beschäftigt aber die Frage, ob sie abwarten oder jetzt noch investieren sollen. Bauherrenmodelle sind noch immer attraktiv und eine klare Empfehlung für Inves- toren, die langfristige Stabilität und Wertsteigerung favori- sieren, dabei aber auch die steuerlichen Effekte nutzen können“, meint Stefan Koller, Geschäftsführer des Vertriebs Pericon. Längeres Nachdenken Langfristige Investitionen im sechsstelligen Bereich werden in turbulenten Zeiten mit un- gewissem Ausgang gründlicher überlegt. Denn auch Immobi- lien sind mit Risiken behaftet, und direkt mit der Bewirtschaf- tung verbunden ist das steuerli- che Risiko. Bei Vorsorgewoh- nungen müssen die Investoren nach 20 Jahren ab erstmaliger Vermietung und nach 23 Jahren ab der ersten Investi- tion einen steuerlichen Totalüberschuss erzielen. Für Bauherrenmodelle gelten 25 beziehungsweise 28 Jahre.Wenn der Total- gewinn verfehlt wird, müssen Steuern nachgezahlt werden.Gründe dafür können zu niedrige oder ausbleibende Mieteinnah- men und zu hohe Kosten sein, zu denen auch die Kreditzinsen zählen. „Aufgrund der Zinsentwicklung muss der Fremdkapi- talanteil reduziert werden. Je nach Produkt und dem daraus resultierenden Beobach- tungszeitraum für den Totalgewinn erge- ben sich Eigenkapitalquoten zwischen 30 und 45 Prozent“, erklärt Valuita-Geschäfts- führer Walter Neumann. Die imAugust in Kraft getretenen Kredit- vergaberichtlinien führen dazu, dass Finan- zierungen speziell bei Vorsorgewohnungen nicht mehr wie in der Vergangenheit abgewickelt werden können. Das bestätigt Karina Schunker, Geschäftsführerin bei der EHL-Gruppe: „Entscheidungsprozesse dauern länger, weil Gespräche mit Finan- zierungsinstituten und die Kreditzusage mehr Zeit in Anspruch nehmen.“ Aufgrund der strengeren Vorgaben dürf- te die Käuferschicht kleiner werden. Das bereitet aber nicht allen Sorgen. „Die hohe Inflation treibt Investoren, die über aus- reichend Eigenkapital verfügen, nach wie vor in die Immobilie. Da hat sich an den Entscheidungsprozessen nicht viel geän- dert“, meint Marion Weinber- ger-Fritz, Geschäftsführerin der Raiffeisen Vorsorge Wohnung GmbH.Die Wiener Privatbank berichtet ebenfalls, dass sich das Kaufinteresse auf eigenkapital- starke Investoren reduziert, die wenig bis gar kein Fremdkapi- tal benötigen. In Bauherrenmodellen wird üblicherweise viel Fremdkapital eingesetzt – mit den entspre- chenden Konsequenzen, erklärt Spezialist Koller: „In den letz- ten Jahren konnten viele Anle- ger mit Jahreseinkommen bis 100.000 Euro und mit anfäng- lichen Eigenmitteln bis 50.000 Euro in Bauherrenmodelle in- vestieren. Jetzt wird die Luft dünner. Es werden wieder eher Karina Schunker, EHL: „Entscheidungsprozesse dauern länger, weil Gespräche mit Finanzierungs- instituten mehr Zeit in Anspruch nehmen.“ Bernhard Reikersdorfer, Re/max: „Die Zahl der Interessenten, die sich einen Kauf auch leisten können, ist deutlich zurückgegangen.“ Stabiler Absatz im 1. Halbjahr Anzahl verbücherter Wohnungsverkäufe Im dritten Quartal 2022 sank der Immobilienverkauf. Quelle:Re/max 0 5.000 10.000 15.000 20.000 25.000 Österreich Burgenland Steiermark Kärnten Vorarlberg Tirol Salzburg Oberösterreich Niederösterreich Wien Vergleich 1. Halbjahr 2021 (Stück) Vergleich 1. Halbjahr 2022 (Stück) -5,8 % +11,2 % -8,8 % +7,0 % -7,0 % -7,4 % +4,7 % +18,9 % +5,5 % +0 4 , % SACHWERTE Immobilienvertrieb 166 fondsprofessionell.at 4/2022 FOTO: © ALEXANDER SCHLEISSING, RE/MAX
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